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Lebenslauf des Markgrafen Christian Friedrich Carl Alexander von Brandenburg-Ansbach und Bayreuth
Von Carl Friedrich Reinhard Freiherr von Gemmingen-Guttenberg

 

Beiträge zu der Lebensgeschichte des letzten Regenten
der Brandenburgischen Markgraftümer in Franken

Seinem Andenken gewidmet im Jahre 1820

Das Leben eines Fürsten, der auf die politischen Ereignisse seines Zeitalters keinen bedeutenden Einfluß hatte, kann nur nach dem Guten, das er durch eine väterliche Regierung gewürket, nach dem Glück und dem Wohlstand gewürdiget werden, den er über seine Untertanen verbreitet hat. ...

Auch wiewohl in einer geringeren Sphäre verdient der letzte Regent der Brandenburgischen Fürstentümer in Franken dieses wohlwollende Angedenken. Schon lange modern seine Gebeine in fremder Erde. Manches Gute, das er gestiftet, ist in dem Drang der Zeiten untergegangen. Zwecklos würde es sein, mit niederträchtiger Schmeichelei davon zu sprechen. Noch nie hat sie die Feder entehrt, aus der diese Zeilen geflossen sind, aber einige Zufriedenheit würde es ihrem Verfasser gewähren, wenn er hoffen dürfte, auf das Grab dieses guten Fürsten einige Blumen als Beweis von Liebe und Dankbarkeit gestreut zu haben.

Markgraf Christian Friedrich Carl Alexander war den 24. Februar 1736 zu Ansbach geboren, sein älterer Bruder verstarb schon im Jahre 1737, und so war das einzige Kind seines Herrn Vaters Carl Wilhelm Friedrich und seiner Frau Mutter, einer Schwester des großen Königs Friedrich II.. Carl Wilhelm Friedrich hatte eine strenge, von dem Umgang mit Menschen abgezogene Erziehung erhalten und trat schon im 15. Jahr die Regierung des untergebürgischen Fürstentums an. Zu jung, zu unerfahren, sich selbst beherrschen zu können, überließ er sich bald seinen Lieblingsneigungen, der Fauconerie und dem Soldatenspiel. Den ganzen Tag sah man ihn mit dem Falken auf der Hand; bald verfiel er mit seiner geistreichen Gemahlin, nahm Mätressen an, liebte den Trunk und beging in diesem Zustand manche Ausschweifungen. Daß an seinem kleine Hof kein guter Ton herrschte, läßet sich schon von einem Collegio von Hofnarren erwarten, die solchem zur Unterhaltung dienten, und an diesem Hof erhielt Carl Alexander seine erste Erziehung; daß sie nicht schädlich auf ihn würkte, kann man bloß seinem Herzen und seiner Überlegung zuschreiben. Man erzählt, daß einer seiner Jugendlehrer, Mayer, mit dem man unzufrieden gewesen, gefänglich in die Grafschaft Sayn abgeführt und dorten verschwunden sei, allein nie hat sich der Markgraf darüber herausgelassen. Daß der Mann verschwunden, ist richtig, wie es aber zugegangen, darüber waltet ein tiefes Dunkel, welches Willkür und Mißbrauch der Gewalt vermuten läßet.

Mit einer schlanken, wohlproportionierten Gestalt, mit einer einnehmenden, freundlichen, und man darf sagen schönen Gesichtsbildung ausgestattet, wuchs der junge Herr heran. Seine Haltung war edel, in allen Leibesübungen, besonders im Reiten und Tanzen übertraf er alle seine Gespielen; nebst seiner lange vernachläßigten und nach dem damaligen Geist verachteten Muttersprache, die sich nun erst zu heben begann, sprach und schrieb er französisch, englisch und italienisch mit großer Fertigkeit und las die besten Schriftsteller mit Vergnügen und nicht ohne Nutzen; er liebte Künste und Wissenschaften, sein Geschmack war durch seine vielen Reisen ausgebildet; (- noch in älteren Jahren bemühte er sich Latein zu lernen. Sehr irrig ist es, wenn man glaubt, er habe erst durch den Papst Ganganelli erfahren, daß der schöne Geist und liebliche Dichter Zu in seinen Mauern lebe. Peter Uz stand in den 60er Jahren als Regierungs-Sekretair bei dem II. Senat oder eigentlichen Justizrat. Der Präsident dieses Kollegiums bemerkte dem Markgrafen, wie auffallend es sei, einen solchen Mann in einer Subalternstelle angestellt zu sehen, und sogleich entgegnete der Fürst, er möge sich zu einer anständigeren Stelle melden. Allein der Dichter erwiderte mit der größten Gelassenheit, nie werde er um eine Beförderung bitten, wohl aber jede Stelle annehmen, zu der man ihn tüchtig erachten und berufen werde. Als man dieses dem Markgrafen hinterbrachte, äußerte er mit gutmütigem Lächeln: „Das sind doch wunderliche Köpfe die Gelehrten“, ernannte ihn aber sogleich zum Assessor bei dem Kaiserlichen Landgerichte und so wurde Zu vom Sekretair der 2. Beisitzer der höheren 3. Instanz. –) gegen seine Diener und Umgebungen war er freundlich, gegen Fremde höflich ohne Ziererei, in der Unterhaltung mehr zurückgezogen und niemals absprechend; als Fürst vergab er sich nichts, als Particulier war er ein liebenswürdiger Gesellschafter; dies müssen die noch Lebenden bezeugen, die ihn kannten.

Um seine Bildung zu vollenden, schickte ihn sein Herr Vater nach Holland, wo er eine Zeitlang zu Utrecht und im Haag verweilte. Von da wurde er nach Turin an den Hof Emanuels III. geschickt, der wegen der dort herrschenden feinen Lebensart bekannt war. Liebreich und mit Auszeichnung behandelte ihn der König. Als Begleiter und Aufseher war ihm der nachmals als Oberhofmarschall und Obervogt verstorbene würdige Freiherr von Forstner beigegeben. Bald nachher reisete der Prinz nach Prag, um der Kaiserin Maria Theresia und ihrem Gemahl, die dort ein Lustlager veranstaltet hatten, aufzuwarten.

Bei Gelegenheit dieser Reise machte er Bekanntschaft der Prinzessin Friederica Carolina, nachälteste Tochter des Herzogs, Franz Josias von Sachsen-Coburg, und vermählte sich mit ihr im Jahre 1754. So groß die Hoffnung war, die diese Verbindung erweckte, so wenig hat der Erfolg ihr entsprochen. Zwar war diese Prinzessin von einem tugendhaften, sanften, wohltätigen und frommen Charakter, aber sie war zu wenig lebhaft, um der gesellschaftlichen Unterhaltung ihres Gemahls den Reiz zu geben, der ihn in die Länge hätte fesseln können. Die Ehe war kinderlos und um so lockerer ward das Band, das sie zusammenhielt.

Um diese Zeit brach der bedeutungsvolle Siebenjährige Krieg aus. Das leidenschaftliche Benehmen des Markgrafen Carl Wilhelm Friedrich bei Gelegenheit der auf dem Reichstag verhandelten Achtserklärung gegen seinen Schwager, den Chef seines Hauses, den großen König, war eine Quelle von Kränkung und Verdruß für den Erbprinzen, der seine Achtung und Ergebenheit an seinen erhabenen Oheim nicht zu verbergen wußte. Bald nachher verstarb Carl Wilhelm Friedrich und im März 1757 trat Alexander die Regierung des untergebürgischen Fürstentums an.

Die Bevölkerung dieses kleinen Staats konnte ohngefehr auf 190 000 Seelen und sein gesamtes Einkommen auf 700 000 fl. ermessen werden; aber unter dieser Bevölkerung waren gegen 60 000 fremdherrische Hintersassen, wie man sie nannte, begriffen, und diese Vermischung erschwerte die Regierung auf eine unglaubliche Art. Sie war die Veranlassung immerwährender Streitigkeiten mit den größern und kleinern Nachbarn. Unaufhörlich waren die Reichsgerichte mit Streitigkeiten beschäftigt, in die man sich verwickelt sah und zu deren Besorgung eigne Prozeßräte angestellt waren. Zu Führung der ewigen ohnzählbaren Prozesse mit der Reichsstadt Nürnberg allein, bestand ein eignes Kollegium unter dem Namen eines Burggräflichen Rats-Collegii; kaum wird man sich nach einigen Jahren noch einen Begriff von den vielfältigen Verwicklungen machen können, die diese sonderbare Lage der Dinge hervorbrachte. Schwaben und Franken bestand größtenteils aus kleinen Ständen und Reichsangehörigen, die auf ihre Rechte eifersüchtig sich mit gleichem Argwohn beobachteten. Allgemein nützliche Anstalten standen allenthalben Hindernisse entgegen. Als ein Beweis mögen die mannigfaltigen Streitigkeiten dienen, die der Chaussee-Bau, die Verteilung der Hutwasen und die im landwirtschaftlichen Betracht so nützliche Veränderung der Herbst- in Ohmatwiesen veranlaßte.

...

Die Lage, in welcher der Markgraf seine Finanzen fand, war nichts weniger als günstig. Mehr als vier Millionen verzinsliche Schulden lagen auf den Kammer- und Landschaftlichen Kassen. Jahrelang waren Zinsen und Besoldungen der Diener im Rückstand. Als der Kredit der Hauptkassen gesunken war, fiel man auf den unseligen Gedanken, Gelder durch die Ämter aufnehmen und die Zinsen durch solche bezahlen zu lassen und die Folge war, daß die Hauptkassen statt baren Zuflüssen oft nur Aufrechnungen erhielten. Es war eine schwere Aufgabe, die laufenden Ausgaben des kleinen Staates zu bestreiten und daneben die unverhältnismäßge Schuldenlast zu verringern. Diese Aufgabe löste Carl Alexander wie die Folge dieser Darstellung zeigen wird, durch seine Beharrlichkeit, fest überzeugt, daß nur starke Verwaltung der Justiz, nur Ordnung in den Finanzen das Wohl eines Staates dauerhaft begründen und daß Gott selbsten den nicht bereichern könne, der mehr ausgibt als er einnimmt.

Die ersten Jahre seiner Regierung brachte der Markgraf, einige Reisen ausgenommen, größtenteils zu Triesdorf, einem Landgut zu, das mehr von der Natur begünstigt als durch die Kunst geschmückt war; er liebte das Landleben leidenschaftlich und nur bei Anwesenheit fürstlicher Gäste oder feierlichen Gelegenheiten versammelte sich der verhältnismäßig glänzende Hof in der Residenz. Die öftere Anwesenheit der schönen liebenswürdigen Herzogin von Württemberg, eine Tochter des Markgrafen Friedrich von Baireuth und der geistreichen Witwe dieses Fürsten, erhöhte das gesellschaftliche Vergnügen. Auch der Herzog von Glocester mit seiner ganzen Familie verweilte einige Zeit an diesem Hof.

Der Markgraf war sehr zugänglich gegen jedermann und herablassend gegen seine Untertanen. Wenn er des Morgens zu Triesdorf aus seiner, kein Landhaus eines Fürsten bezeichnenden Wohnung heraustrat, sah man ihn oft von Bauern umringt, die ihm Bittschriften überreichten und mit denen er vertraulich sprach. Oft unterhielt er sich mit dem Landmann über landwirtschaftliche Gegenstände, über die Pferdezucht, die er mit vorzüglicher Neigung durch wohleingerichtete eigene und Landgestüte zu einem großen Grad von Vollkommenheit brachte und dadurch den Bauern in den Stand setzte, in ihr eine reiche Erwerbsquelle zu finden. – Noch erinnert man sich, daß ein Bauer, der sein Gut mit einer Schuldenlast von 2000 fl. angetreten hatte, durch die Pferdezucht in den Stand kam, diese Schulden zu tilgen und seinen Hof frei zu machen. – Der Marstall war zahlreich mit Zügen starker englischer Hengste, mit Arabern, Türken, spanischen Beschälern besetzt, und so wurde die race dieser nutzbaren Tiere veredelt. Noch dauert die schöne Rinderzucht fort, die aus der Triesdorfer Meierei herausging, sie hat sich besonders in dem ehemaligen Oberamt Colmberg und dortigen Umgebungen erhalten und setzt den Landmann in den Stand, seine Steuern und andere Abgaben aufzubringen. Stets bedacht, die Aufnahme der Landwirtschaft zu befördern, ließ der Markgraf in dem letzten Jahr seiner Regierung mit bedeutendem Aufwand 300 Merinos und Roussilionische Widder und Schafe aus Spanien holen, die in eigene herrschaftliche Zuchtschäfereien verteilt, sich von da aus in das Land verbreiteten und die Verfeinerung der inländischen Wolle bewürkten; zwar wurden nach dem Regierungsabtritt des Markgrafen die Zuchtschäfereien aufgehoben, allein noch sind die dadurch erzielten Verbesserungen sichtbar.

Im Jahre 1769 verstarb der Markgraf Christian zu Bayreuth; mit ihm erlosch das Brandenburg-Kulmbachische Haus und das obergebürgische Fürstentum wurde mit dem untergebürgischen vereinigt. Dieser Fürst war, als er nach dem Tode seines Neffen, des Markgrafen Friedrich, zur Regierung gelangte, ein abgelebter, betagter Mann, der lange in Einsamkeit zu Wannsbeck ein abgezogenes Leben geführt hatte. Ungern verließ der Greis seinen stillen Aufenthalt – als er zu Bayreuth angekommen war, schrieb er an eine Fensterscheibe seines Zimmers die Worte: „Eile und rette Deine Seele, denn hier ist keine Ruhe für Dich zu finden“. – es wäre dem Markgrafen Alexander ein leichtes gewesen, sich mit ihm abzufinden und die Bayreuthische Regierung zu übernehmen, allein er hielt es unter seiner Würde und schlug die ihm diesfalls gemachten Anträge beharrlich ab. Bald jedoch zeigte sich die Unfähigkeit dieses Fürsten: Von seinem Leibarzt geleitet, unentschlüssig, argwöhnisch, trat nun eine namenlose Verwirrung ein; umringt von Kabalen und Intrigen aller Art, wußte er sich weder zu helfen noch zu raten. Die Verwirrung war auch wirklich so hoch gestiegen, daß König Friedrich II. sich bewogen sah, eigens einen Minister, Graf Schulenburg, nach Ansbach zu senden, um sich wegen zu ergreifender Maßregeln zu benehmen, bald aber starb Markgraf Christian und Markgraf Alexander ergriff die Zügel der Regierung.

Hatte er die Ansbacher Finanzen in größer Zerrüttung angetroffen, so waren es die Bayreuther noch weit mehr. Die Bevölkerung und das Einkommen von Bayreuth war von dem Ansbachischen nicht zu unterscheiden, aber die Staatsschulden waren noch beträchtlicher. Der vorletzte Kulmbachische Regent, Markgraf Friedrich, liebte Pracht und Aufwand; seine geistreiche Gemahlin, die Lieblingsschwester des großen Königs, liebte Literatur, Musik und Schauspiele. Opern, Comödien und Feste wechselten in bunten Reihen; der Brand der alten Residenz, die Errichtung einer neuen, die Verschönerung der lieblichen Eremitage vermehrten die Ausgaben. Der Hof wimmelte von französischen schönen Geistern, der Lieblingsminister spielte einen zweiten Graf Brühl, an Einschränkung war nicht zu denken. Nirgends wollte die Einnahme mehr zureichen und bisweilen wurden schädliche Mittel ergriffen, um sich Luft zu machen, Schulden auf Schulden wurden gehäuft, und es war schwer abzusehen, wie, zumalen mit der Übernahme einer zahlreichen in den Pensionsstand verfügten, nun überflüssigen Hofdienerschaft, die Ordnung wieder herzustellen sei. Zur besseren Verwaltung des angefallenen Fürstentums wurde eine geheime Landesregierung aufgestellt, die aus einem dirigierenden Minister, denen Präsidenten der verschiedenen Kollegien und einigen besonders dazu geordneten Räten bestand, welche ihre Berichte oder Anfragen entweder unmittelbar an den Markgrafen oder den ansbachischen Geheimen Rat zu bringen und von da die nötigen Resolutionen zu erwarten hatten.

Da der Markgraf viel auf dem Land lebte, so besuchte er selten die gewöhnlichen Sessionen des geheimen Rats; desto pünktlicher hingegen arbeitete er in seinem Kabinett. Unter seinen Ministres hatte er sich einen geheimen Referendär ausgesucht, der 25 Jahre lang diese Stelle bekleidete. Alle Bittschriften, welche dem Fürsten überreicht wurden, alle Depechen, die unmittelbar an ihn einliefen, wurden ihm von dem Referendär vorgetragen, ebenso war es seine Obliegenheit, alle von dem Ministerio an den Herrn gelangenden Gegenstände, besonders die finanziellen, solchem schriftlich oder mündlich zum Vortrag zu bringen. Denen Kabinetts-Sessionen wohnte ein geheimer Secretair bei, welcher nebst einem pünktlich geführten Einlaufs- und Resolutionsprotokoll, das von dem Markgrafen wöchentlich durchgesehen und unterzeichnet wurde, die Beschlüsse in Konzept fertigte, die, nachdem sie von den Ministres durchgegangen und signiert waren, so pünktlich angefertigt wurden, daß selten ein Rückstand sich ergeben konnte. Unter den geheimen Räten des Markgrafen verdient der längst verstorbene Minister von Benkendorff erwähnt zu werden. Was diesem durchaus rechtschaffenen und ängstlich gewissenhaften Mann an wissenschaftlicher Bildung abging, ersetzte sein richtiger Blick und die Schärfe seines Verstandes. Den größten Teil eines hinterlassenen Vermögens vermachte er den Dürftigen im Lande und jährlich werden die Zinsen des 75000 fl. betragenden Kapitals durch das Los an die Armen verteilt.

Wenn der Markgraf einen Teil der schönen Jahreszeit zu Bayreuth zubrachte, bisweilen auch auf Reisen, begleitete ihn der Referendär und die Regierungsgeschäfte gingen ihren ununterbrochenen ruhigen Gang. Von nun an brachte der Markgraf mehrere Winter in fremden Ländern, in Frankreich, der Schweiz und Italien zu. Diese Reisen nach der Reihe anzuführen, würde ohne Interesse sein, aber zu bemerken ist es, daß der mäßige Aufwand auf solche stets aus seiner Privatkasse bestritten wurde und denen Generalkassen keinen außerordentlichen Aufwand zuzog.

Bei einer dieser Reisen im Jahre 1770 machte der Markgraf zu Paris die Bekanntschaft der auch als Schriftstellerin durch ihre memoires bekannten, berühmten Schauspielerin Clairon, die schon damals von der Bühne abgetreten war und in dem Kreis ihrer Bekannten, sowie in dem Umgang mehrerer Gelehrten, wie Dálambert, Diderot, Grimm, Meistér auf einem angenehmen, anständigem Fuß lebte. Mehrmalen besuchte sie ihn zu Triesdorf und dies Verhältnis dauerte beinahe bis an das Ende ihres das 80. Jahr erreichten Lebens. Beruhte dies Verhältnis nicht blos auf Freundschaft und Achtung, oder war sie eine zweite Ninon? Kaum sollte man es vermuten. – Mademoiselle Clairon war nicht weniger als eigennützig; sie hat nie Kosten verursacht, eine rente viagère von 8 000 Livres, die ihr der Markgraf in den letzten Jahren aufgedrungen hatte, gab sie ihm zurück, als er sie verließ. In ihren Memoires findet sich das Schreiben, mit welchem sie diese Schenkung zurückschickte.

In obenbemerktem und im folgenden Jahr ereignete sich ein durch anhaltende Regengüsse veranlaßter, über ganz Deutschland sich verbreiteter Mißwachs, Teuerung und Nungersnot. Man mußte aus fremden Landen Getraid herbeischaffen; das Ansbacher Simra Korn war bis auf 100 fl. im Preis gestiegen. Zu möglichster Verhütung eines ähnlichen Unglücks ließ der auf das Wohl seiner Untertanen stets aufmerksame Fürst in dem Ansbachischen ein auf das Land verteiltes Getraidmagazin anlegen, das bei seinem Regierungsantritt bereits gegen 6 000 Sra. Korn enthielt. Im Bayreuthischen wurden zu diesem Endzweck die herrschaftlichen Getraider aufgespeichert und zur Deckung des hiedurch für die Kassen sich zeigenden Ausfalls ein Kapital aufgenommen. Diese Vorräte, deren Nutzen sich in den Jahren 1816/17 erprobt hätte, verschwanden in den drangvollen Zeiten des letzten Kriegs.

Im Jahre 1775 erteilte der im echten Geiste unserer Religion handelnde Fürst den römisch-katholischen Glaubensgenossen aus eigenem Antrieb die Erlaubnis, zu Ansbach und Erlang Gebethäuser zu errichten.

Nicht lange nachher schloß der Markgraf im Jahre 1777 einen Subsidienvertrag mit der Krone England, vermöge dessen er solcher zwei Bataillons jedes von 600 Mann nebst einer Kompagnie gelernter Jäger von 100 Mann zum Dienst gegen die im Aufstand begriffenen nordamerikanischen Kolonien überließ. Er begleitete diese Truppen, bis zu ihrer Einschiffung auf die englischen Transportschiffe. Das Corps selbst war von auserlesener Schönheit, gut ausgerüstet und ebenso gut exerziert. Vielleicht und nicht mit Unrecht ist dieser Traktat getadelt worden, allein damals sahe man den Aufstand der Kolonien als einen schnöden Undank gegen den Mutterstaat an, man sah ihn als eine Empörung gegen eine rechtmäßige Regierung an, deren Gelingen keiner Regierung gleichgültig sein sollte. Mehrere deutsche Fürsten hatten schon Hilfsvölker zu dieser weit ausstehenden Fehde gegeben, aber gewiß keiner aus so edlen Absichten als der Markgraf. Nicht zu üppigen Ausgaben, nicht um Schätze zu sammeln und damit zu wuchern, wurde der Gewinn der Subsidien, nur zur Verbesserung der Finanzen, zur Verminderung der Abgaben der Untertanen wurde er gewissenhaft verwendet. Dem Soldaten wurde nicht, wie es anderwärtig geschehen, an dem reichen Sold abgezogen, den England bezahlte. Er wurde von Haus aus mit allen erforderlichen Montierungsstücken und sonstigen Bedürfnissen reichlich versehen. Die Hinterlassenen der Zurückgebliebenen wurden mit Gnadengehalten getröstet; die Zurückgekommenen erhielten schickliche Anstellungen oder Invalidensold.

Nicht ein Heller wurde zu andern Bestimmungen verwendet und mit Zufriedenheit sahe sich der Markgraf am Endes des Traktates in den Stand gesetzt, dem Land eine ganze im Jahre 1744 aufgelegte Steuer nachzulassen.

Manche tiefe Sorgen und Kummer verursachten diesem Herrn die traurigen Umstände, in welche seine Frau Mutter geraume Jahre vor ihrem Ende verfiel. Diese geistreiche und sehr gebildete Fürstin war von einer unheilbaren Schwermut befallen, die ihren sonst lebhaften Verstand so sehr verwirrte, daß sie kaum noch ihren Sohn erkannte, wenn er sie besuchte. Sie starb im Jahr 1784 und bald folgte ihr Friedrich II.. Mit Liebe und Achtung hatte dieser große König seinen Neffen stets behandelt. Öfters besuchte ihn der Markgraf und begleitete ihn zu den abzuhaltenden Revuen. Er hatte es sich zum Gesetz gemacht, nach jedem Jahresschluß dem König eine kurze Anzeige über die bezahlten Staatsschulden und sonstige Verbesserungen zu erstatten, welche Friedrich jederzeit mit Dank und Lobeserhebungen erwiderte und auch dem ansbachischen Ministerio seinen Beifall auf das gnädigste zu erkennen gab.

Die Übersicht dessen, was während der Regierung des Markgrafen zum wahren Wohl des untergebürgischen Fürstentums bewürket worden, gibt anliegender mit unverwerflichen datis belegter Auszug des Vortrags, der diesem Herrn im Jahr 1790 als dem seiner Abdikation vorangegangenen erstattet worden. Auch das obergebürgische Fürstentum konnte sich gleicher Fortschritte rühmen und es ist sehr zu bedauern, daß der würdige, (längst verstorbene) zu Bayreuth dirigierende Minister von Seckendorff vor seinem Abtritt einen ähnlichen Zusammentrag nicht zurückgelassen hat. Sicher würde es sich daraus ergeben, daß neben anderen vielen Verbesserungen der Schuldenstand beider Fürstentümer um mehr als 5 Millionen Gulden verringert worden, eine Last, die auf die folgende Regierung übergegangen wäre, wenn der Markgraf sich nicht mit rastloser Beharrlichkeit bestrebt hätte, seine Finanzen in Ordnung zu bringen. Freilich haben die ruhigen Zeiten von dem Hubertusburger Frieden an bis zum Ausbruch der Französischen Revolution vieles dazu beigetragen und seit jener unglücklichen Epoche ist es auch dem besten Regenten, wo nicht unmöglich, doch äußerst schwer geworden, die Wunden zu heilen, die diese drangvollen Zeiten ihren Landen und ihren Bewohnern geschlagen haben.

...
Daß seine Regierung frei von jedem Tadel, von jeder Schwäche gewesen sei, wird wohl niemand ohne Übertreibung behaupten können. ... Mit Recht darf man die übermäßige und schädliche Hegung des Wildbanns tadeln, die eine Folge seiner Liebe zur Jagd, besonders zur Parforce-Jagd war, auch wird niemand die Härte und Ungerechtigkeit billigen, zu der er in den letzten Jahren seiner Regierung sich gegen einige seiner langjährigen Diener verleiten ließ. Ein Verfahren, das seinem sonst so guten und menschenfreundlichen Herzen wenig gleich sah. – Lieblos würde es sein, dabei zu verweilen. Welcher Sterbliche kann sich rühmen, frei von Verirrungen und von Schwachheiten zu sein? Sie sind das traurige Los der menschlichen Unvollkommenheit, dies bewährt die Geschichte, soweit sie reicht, und schwerlich wird die Gegenwart diese Wahrheit widerlegen. Noch ist zu bemerken, daß der Markgraf in den letzten Jahren seiner Regierung auf Veranlassung des preußischen Hofs ein Truppen-Corps in holländische Subsidien gegeben.

Im Herbst des Jahres 1789 machte er eine Reise nach Neapel, wo selbst er bis zum Frühling des folgenden Jahrs verweilte. Statt auf der Rückreise erst in seinem Land einzutreffen, ging er nach Berlin, um dem König Friedrich Wilhelm II. aufzuwarten. Schon damals war Frankreich in einer furchtbaren Gärung und man sahe mit Schrecken der herannahenden Umwälzung entgegen. Dies beschleunigte ohne Zweifel den Vorsatz des Markgrafen, dem König die Abtretung seiner Lande anzutragen; doch damals scheint solches noch nicht vollkommen berichtiget worden zu sein, denn erst in dem nachfolgenden Jahr ging der Markgraf abermals nach Berlin und der Abtretungsvertrag wurde daselbst den 16. Jenner 1791 abgeschlossen. Auch in diesem Vertrag und dessen § 16 sorgte dieser Herr väterlich für seine Diener und Pensionärs.

Sehr verschieden sind die Urteile, die man über diese Abtretung fällte. Auffallend war es allerdings, einen Fürsten in den besten Jahren, geliebt von seinen Untertanen, verehrt von seinen Umgebungen und von allen, die ihn kannten, die Regierung zu einer Zeit niederlegen zu sehen, in der er den Zweck seines langjährigen Bestrebens, seine Angelegenheiten und besonders seine Finanzen in Ordnung zu bringen, erreicht hatte, und nun die Früchte seiner Bemühungen hätte genießen können. Vielleicht mag ein Geist von Unzufriedenheit, die sich besonders in den letzten Jahren blicken ließ, vielleicht der Überdruß zu regieren (denn daß er zu regieren sich getraute, hatte er schon längst bewiesen), vielleicht der Gedanke, in dem Privatstand ruhiger und glücklicher das Leben zu genießen, vieles zu dem genommenen Entschluß beigetragen haben: allein auf einem weit edlern Beweggrund lässet sich aus Folgendem mit Zuverlässigkeit schließen: Lange vor dem Ausbruch der Französischen Revolution hatte der Markgraf die fixe Idee aufgenommen, daß die Verfassung des Deutschen Reichs ihrer Auflösung nahe sei. Vergebens suchten seine vertrauten Umgebungen diesen Gedanken durch die Bemerkung zu zerstreuen, , daß denen mächtigen Nachbarn, besonders Frankreich, die Erhaltung des gotischen Gebäudes aus politischen Gründen nicht gleichgültig sein könne, daß eine Teilung Deutschlands nicht so leicht wie die Polnische auszuführen sein werde; nichts konnte diese immer wiederkehrende Idee aus seinem Sinne bringen und wem hätte es zu jener Zeit einfallen können, daß ein seltner Mann von geringer Herkunft, aber von ausgezeichneten Gaben, von einem das Unmögliche erstrebenden Unternehmungsgeist und angestrengter unermüdlicher Tätigkeit zu jener schwindelnden Höhe sich aufschwingen, Europa erschüttern, und die Verfassung des tausendjährigen Reichs mit einem Federstrich vernichten würde, und gleichwohl bewürkte Napoleon diese Umwälzung. Er stiftete den Rheinischen Bund und veranlaßte den Römischen Kaiser einer Krone zu entsagen, die seiner nicht mehr würdig war. So rechtfertigte sich die Ahndung des Markgrafen in der Folge; vor seinem Abtritt hatte sie durch die ausgebrochene Französische Revolution merklich zugenommen. Bei seinem öftern Aufenthalte in Frankreich, besonders zu Paris, hatte er den unruhigen Geist der Nation und die entstehende Gärung zu bemerken Gelegenheit gefunden. Diese Bemerkung machte einen tiefen Eindruck auf ihn. Im Geist sahe er die furchtbaren Folgen lebhaft voraus, die das drohende Ungewitter auch auf Deutschland haben würde, und dies, vorzüglich dies, verleidete ihm die Regierung und erzeugte den Entschluß, sie in die Hände des Königs niederzulegen, die mächtig genug wären, das abgetretene Land bei der namenlosen Verwirrung zu schützen, die ihm so nahe schien.

Edel war also dieser Entschluß und die Begebenheiten der folgenden Jahre rechtfertigten ihn vollkommen, denn als im Jahre 1796 das südliche Deutschland von französischen Heeren überschwemmt und hart bedrückt war, herrschte unter dem preußischen Szepter Ruhe und Friede in den Markgraftümern. Sie waren ein Zufluchtsort für manche Fürsten, für mehrere reiche Familien, sie dienten ihnen zu einem sichern Aufenthalt, zur Rettung ihrer kostbarsten Habseligkeiten. Das schon wohlhabende Land gewann durch den Zufluß so vieler Fremden und zuverlässsig würde keine Provinz in Deutschland bei ihrem Übergang an eine andere Regierung im größern Wohlstand gewesen sein, als die Ansbachische, wenn sie nicht durch die im Februar 1806 eingetretene Einquartierung und Besetzung durch das Armee-Corps des damaligen französischen Generals Bernadotte so unsäglich gelitten hätte.

Zu der Abdikation des Markgrafen hat übrigens der preußische Hof, wie einige damals meinten, gar keinen Anlaß gegeben; es ist grundfalsch, wenn irgendwo erzählt wird, daß Friedrich der Zweite in der Jugend des Markgrafen schon daran gedacht habe, das Albertinische Familiengesetz aufzuheben, nach welchem Ansbach und Bayreuth, solange noch nachgeborene Prinzen vorhanden wären, mit denen Kurlanden nicht vereinigt werden sollten. Das Albertinische Pactum war so wenig als das Geraische ein pragmatisches Reichsgesetz, wie man in dem Jahr 1778 behaupten wollte, es waren Hausgesetze, durch welche das hohe Kurhaus seine Familienangelegenheiten ohne Widerrede zu ordnen berechtigt war. Selbst Kaiser Friedrich III. hatte bei Bestätigung der Privilegien des Kurhauses die überflüssige Zusicherung gegeben, daß zugleich alle künftigen Teilungen und Anordnungen, welche Kurfürst Albrecht und seine Nachkommen zu treffen belieben würden, im Voraus als bestätigt angesehen werden sollten.

Durch das in den fünfziger Jahren von dem König Friedrich den Zweiten und den beiden Markgrafen von Ansbach und Bayreuth errichtete Pactum Friedericianum, auf das alle Diener verpflichtet wurden, war die dereinstige Vereinigung der fränkischen Markgraftümer mit dem königlichen Hause bestimmt und der Artikel X des Teschner Friedens hat desfalls jeden Zweifel, den die diplomatischen Verhandlungen über die Bairische Erbfolge zur Sprache gebracht, auf immer gehoben. Auch Friedrich Wilhelm der Zweite war so weit entfernt, die Abdikation des Markgrafen zu veranlassen, daß er ihn vielmehr von diesem Gedanken abzubringen suchte und ihm bis zur Ausfertigung des Vertrags hinlänglich Zeit ließ, sich zu bedenken. Ebenso wie der König äußerte auch das Berliner Ministerium und besonders der damalige würdige Minister Graf Herzberg den Wunsch, daß der Markgraf seine so rühmlich geführte Regierung noch ferner behalten möge, doch diese Vorstellungen blieben gleichfalls fruchtlos. Nach erfolgtem Abschluß des Vertrages kehrte der Markgraf nach Ansbach zurück; unterwegs erhielt er die Nachricht, daß seine Gemahlin zu Schwaningen im Lustschloß, wohin sie sich zurückgezogen hatte, verstorben sei. Nur kurze Zeit verweilte er noch in seinen Landen und verließ sie in demselbigen Jahre 1791, ehe noch die Abtretung bekannt war, auf immer.

Zu seinem künftigen Aufenthalt wählte er England, für das er von jeher große Vorliebe hegte. Zuvor machte er eine Reise nach Lissabon und vermählte sich dorten mit Lady Elisabeth Craven, einer geborenen Gräfin Berkley, deren Gemahl Carl Craven zufälligerweise beinahe zu gleicher Zeit als die Frau Markgräfin zu Lausanne verstorben war.

Im Jahr 1801 ließ er diese in den Reichsfürstenstand erheben und verlebte seine übrige Lebenszeit in stiller Abgezogenheit auf einigen Landhäusern, die er nahe bei London erkauft hatte. Stets hatte dieser Fürst, die Kinderblattern, die er in seiner frühen Jugend bekam, und die Röteln abgerechnet, die er in seinen männlichen Jahren glücklich überstanden, eine dauerhafte Gesundheit genossen.

Mit einigen seiner vertrauten Bekannten unterhielt er einen unausgesetzten Briefwechsel, in dem er oft seine schmerzlichen Gefühle über die Unfälle ausdrückte, die sein Vaterland betroffen hatte.

Eine heftige und kurze Krankheit, allem Anscheine nach eine Brustentzündung endigte seine Tage. Er starb auf seinem Landsitz Benham den 5. Januar 1806 in einem Alter von 69 Jahren und 10 Monaten. Keiner seiner Vorfahren in der Regierung hatte ein so hohes Alter erreicht und keiner hat seinem Lande so viele Wohltaten erwiesen.

Seine Asche ruhe in Frieden und im Segen sein Angedenken.

Dictando Ansbach am 9. Mai 1820

(Original im Staatsarchiv Nürnberg; den Text besorgte Jürgen Schmidt, Weihenzell)

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