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HIRSCHLACH – KIRCHE UND DORF

 
Wir können dieses „Kirche und Dorf“ bildlich verstehen, dann haben wir beide als Bauwerke vor uns, wir können aber auch jedes für sich, Kirche und Dorf als von den Menschen gelebte Wirklichkeit auffassen, als zwei aufeinander bezogene Brennpunkte e i n e r Gemeinschaft. Beide Möglichkeiten sind zu bedenken. Hirschlach – Kirche und Dorf – unter diesem Titel ist bereits vor 10 Jahren anlässlich der 550-Jahr-Feier unserer Kirche eine – leider vergriffene – Chronik erschienen, verfasst in der Hauptsache von meiner Frau Waltraud Fischer. Ich durfte mich für diesen Vortrag stellenweise auf diese Vorarbeit stützen. Dafür möchte ich meiner Frau meine Referenz erweisen.

Ich fange mit einigen J a h r e s zahlen zum Thema an. Im nächsten Jahr begeht unser Dorf seine 800-Jahr-Feier. Dieses Jubiläum beruht auf einer Urkunde, von der sich eine Abschrift erhalten hat. Sie ist bei der Staatsbibliothek Nürnberg aufbewahrt. Ich zitiere aus der Übersetzung:

A. D. 1208 15. März. Es wird kundgetan: bei der Visitation des Stifts Herrieden durch Bischof Hartwig behaupteten einige Kanoniker, sie hätten das Recht, den Probst des Stiftes zu wählen. Auf die väterlichen Ermahnungen und klaren Beweise des Bischofs hin erkannten jedoch die Kanoniker einmütig an, dass die Probstwahl dem Bischof und seinen Nachfolgern zustehe und verzichteten auf ihr etwaiges Recht an dieser Wahl…

Es folgten die Namen der Kanoniker, jeweils mit der Formel: „ego subscribo“ (ich unterschreibe). Unter den Namen findet sich auch ein HÄRTWICUS DE HIRZLACH. Zitat Ende.

Ein Angehöriger aus dem Geschlecht der Herren von Hirschlach war also in jener Zeit Kanonikus im Kollegiatstift Herrieden. Zur Erläuterung: das Benediktinerkloster Herrieden war 780 gegründet worden, wurde aber bereits 888 von Bischof Erkenbold aus Eichstättt wieder aufgelöst bzw. in ein Kollegiatsstift umgewandelt. Die reichen Besitzungen des Klosters im oberen Altmühltal wurden vom Bischof eingezogen und an treue Vasallen als Lehen vergeben. Es ist für Hirschlach von Interesse, dass in diesem Zusammenhang im Heimatbuch von Ornbau die Vermutung ausgesprochen wird, auch die Lehen von Arberg und Hirschlach würden vom ehemaligen Kloster Herrieden stammen.

Im S c h l u s s s t e i n des Chorraumgewölbes unserer Kirche lesen wird die Jahreszahl 1 4 4 7 . Solche Inschrift gibt stets das Erbauungsjahr des Bauwerks an. Dieses Kirchengebäude, und auch das danebenstehende ehemalige Mesnerhaus sind demnach 560 Jahre alt. Als Gründer und Stifter wird in der Pfarrbeschreibung von Pfarrer Ewald 1835, sowie von anderen Chronisten das Adelsgeschlecht der Schenken von Hirschlach als unzweifelhaft angegeben. Der Letzte aus dem Geschlecht der Herren von Hirschlach ist 1533 gestorben, also 2 bis 3 Generationen nach Errichtung dieser beiden Gebäude.

Diese jetzige Kirche kann aber nicht als die zeitlich erste in Hirschlach gelten. Sie hatte eine Vorgängerkirche, die – angenommen von 800 bis 1447 – also vielleicht und immerhin 650 Jahre lang bestanden hat.

Dafür ist die Jahreszahl 1 4 0 0 zu nennen. In diesem Jahr verleiht Eiringus Episkopus Anarvensis der Kapelle Johann Baptist zu Hirschlach das Recht, gegen Geld Ablass zu erteilen. Es wird also dem Besuch der Kapelle, verbunden mit einer Opfergabe, eine Gnadenwirkung zugesprochen. Dokumentiert bei Franz Xaver Buchner, in seiner „Historisch-statistischen Beschreibung des Bistums Eichstätt, Band 2“. Dies ist die früheste urkundliche Erwähnung der Kapelle.

Ich möchte Sie nun im Folgenden zu einem kurzen Streifzug in die Geschichte dieser Herren zu Hirschlach sowie in w e i t e r e Vorgeschichten einladen.

Das Geschlecht der H e r r e n von H i r s c h l a c h.
Auskünfte über dieses Adelsgeschlecht liefern:
BIEDERMANN, Geschlechtsregister der Reichsfrey unmittelbaren Ritterschaft Landes zu Franken löblichen Orts an der Altmühl 1748 sowie
GEWEIN, Blüte und Niedergang hochadliger Geschlechter im Mittelalter, 1957.

Ich zitiere aus der Dorfchronik von 1997: „Nach gegenwärtiger Quellenlage waren die Vorfahren der „Hirschlacher“ ursprünglich in Oberbayern beheimatet. Sie gehörten dem niederen Adel an. Viele waren Ritter bzw. Ministeriale (Beamte an weltlichen und geistlichen Höfen). [Ich füge hinzu, einer von ihnen war Kreuzritter mit ins Heilige Land gezogen.] Um die Mitte des 12. Jahrhunderts kamen sie in den Herrschaftsbereich des Bischofs von Eichstätt, dessen Territorium sich über den gesamten Altmühlverlauf erstreckte. Verschiedene Zweige des Adelsgeschlechts hatten dort ihre Sitze, z. B. in Hofstetten bei Hitzhofen, Erlingshofen bei Kinding, Hirschlach und Arberg und Leutershausen… Vom Zeitpunkt der Belehnung nannte sich dieser Zweig nach dem Orte Hirschlach – de Hirzelach – und führte, ebenso wie seine Verwandten den Hirschen im Wappen und in den Siegeln. Als Lehensmänner der Bischöfe von Eichstätt bekleideten sie unter anderem die Funktionen des Schenken und des „vicedomus“ – ( dass heißt des Burghauptmanns).

Der Titel „Schenk“ wurde schließlich zum bleibenden Beinamen des ganzen Geschlechts derer von Hirschlach (wie zum bei den Freiherren und Grafen Schenk von Stauffenberg).

Zwei Mitglieder aus dem Geschlecht der Hirschlacher waren Äbte des Klosters Heilsbronn. H e i n r i c h , genannt von Hirschlach, war der erste der beiden Äbte. Er stand 32 Jahre lang als 13. Abt dem Kloster Heilsbronn vor.

Der zweite Abt F r i e d r i c h II. von Hirschlach hatte als 17. Abt die Leitung des Klosters inne. Name und Bildnis von Abt Friedrich von Hirschlach findet man auf einem gemalten Epitaphandachtsbild im Chorraum des Klosterkirche von Heilsbronn.

C a r l Schenk von Hirschlach war der letzte im Geschlecht der Hirschlacher. Er hatte, wie seine Vorgänger das „Erbschenkenamt“ am bischöflichen Hof im Eichstätt inne. Als sich dieser Carl von Hirschlach der Reformation anschloss und somit als Feind des Hochstiftes Eichstätt galt, wurde er durch Kaiser Maximilian I. in die Reichsacht erklärt. Im Zuge dessen verlor er auch die begehrte Würde und seine in Eichstätt liegenden Güter. In Hirschlach blieb ihm nur noch seine Burg, weil sie nun auf markgräflichem Grund stand. Hierin zog er sich zurück. Mit ihm starb das Geschlecht der Schenken von Hirschlach aus. Ein Jahrhundert später, im 30-jährigen Krieg, wurde die Burg zerstört.

Von verschiedenen Autoren wird die Herkunft der beiden genannten Äbte aus dem Adelsgeschlecht aus Hirschlach, teilweise auch die Existenz dieses Adelsgeschlechts überhaupt, angezweifelt. Ich möhte dazu wegen der Kürze der Zeit keine Stellung nehmen und nur den Namen des hier bestens bekannten Eugen Schöler als Gegner solche Zweifel nennen.

In der bereits zitierten Pfarrchronik von Ewald heißt es auf S. 43: „Die Burg zu Hirschlach, deren Lage noch sehr deutlich durch ehemalige Wälle und Wassergräben zu erkennen ist…stand ohngeführ 100 Schritte von der Kirche entfernt, und der Platz heißt heute noch der Burgstall“. Auch der befestigte Zufahrtsdamm wurde beiderseits aufgefüllt.

Es bleibt die Frage, wie es dazu gekommen sein mag, dass dieses kleine Siedlung Hirschlach, nahe dem bedeutenderen Ort Ornbau, einen Adelssitz hatte. Eine Antwort auf diese Frage könnten die Forschungsarbeiten von Dr. Karl Gumpert und seiner Mitarbeiter bringen.


D i e W e h r a n l a g e

Dr. h.c. Karl Gumpert referiert im 70sten Jahresbericht des Historischen Vereins für Mittelfranken, erschienen 1950, über die „frühmittelalterliche Turmhügel in Franken“. Ich lese daraus einige im Zusammenhang mit unserer Frage wichtige Stellen vor:

Bis in die Zeit um 700 n. Chr. verteidigte sich die Bevölkerung Frankens in Kriegszeiten noch in den alten, auf Höhen gelegenen vorgeschichtlichen, ringwallbewehrten Volksburgen, wie dem gelben Berg bei Gunzenhausen, dem Hesselberg bei Wassertrüdingen und anderen mehr. Im 9. und 10. Jahrhundert zeigen sich in Franken bereits die ersten Anfänge frühmittelalterlichen Burgenbauens. Die Turmhügel waren, wenn man von den Türmen und Turmfundamenten absehen will, reine Erdwerke. Welchen Zweck dienten nun diese Turmhügel?

Sie trugen zum Teil Warten (Spähtürme und Luginsland) und wohl auch richtige Wohntürme mit Bewehrung. Die größerer Turmhügel mit etwa 20 bis 45 Meter Durchmesser haben offensichtlich auch größere Türme tragen können, so genannte Wohntürme, die ständig bewohnt waren. Es waren wohl meist die Wohnsitze der späteren Adelsgeschlechter. Gumpert beschreibt im Weiteren 35 Turmhügel in Franken, darunter die von Arberg.

Über Arberg weiß Gumpert zu berichten: „Wer der Erbauer dieser kraftstrotzenden Wehranlage war, ist nicht bekannt. Im Jahr 1265 wird erstmals ein Heinrich Schenk (!) genannt. Die Errichtung der Burg reicht wohl bis in das 11. Jahrhundert zurück und wird diese kaum viel später erbaut worden sein“.

Dem ist nun nicht viel hinzuzufügen. Auch wenn Karl Gumpert, Schuchardt und andere Forscher der lokalen Frühgeschichte keine Kenntnis des Burgstalls von Hirschlach und über die ausgestorbenen frühen fränkischen Adelsgeschlechter gehabt haben, darf man davon ausgehen, dass der Burgstall von Hirschlach ursprünglich eine Turmhügelburg in der Kette der fränkisch-karolingischen Wehranlage gewesen ist, und dass die späteren Herren von Hirschlach ein Bauwerk auf diesem Platz bereits vorgefunden und in den 350 Jahren, die sie immerhin darauf gesessen haben, die Anlage nur weiter ausgebaut haben. Was den Platz als solchen betrifft, konnte er bei dem weiten Vorfeld ins Altmühltal seine Aufgaben als Luginsland und als Flankenschutz für Ornbau sehr wohl erfüllen, wenn das Hinterland gesichert war.

An dieser Stelle war ein Einschub über das Thema „Hirschlach – ein südgermanischer O p f e r p l a t z ?“ vorgesehen. Jakob Amstadt glaubt dazu in seinem Buch über „Südgermanische Religion nach der Völkerwanderungszeit“ genügend Gründe vorbringen zu können. Natürlich geht es in dem Buch nicht um Hirschlach allein. Wenn Amstadt richtig argumentiert, würde das bedeuten: diese Kirche wurde, wie das bei der Christianisierung üblich war. an den Platz einer heidnischen Kultstätte gestellt, um die Allmacht des wahren Gottes zu beweisen. Es würde durchaus Sinn machen, dass die Kirche Johannis dem Täufer geweiht worden ist.

So konnte vielleicht erst ein Kirchlein, d a n n eine Wehranlage dazugestellt werden. Später hat man das Kirchlein umgekehrt dals „Burgkapelle“ deklariert, etwas mühsam, denn Burgkapellen haben doch sonst ihren Platz in der Burg selbst.

Was wir heute haben, ist ein einmaliger Ortsname und – seit einigen wenigen Jahen dazu, ein bronzener Hirsch, mit dem unser Altbürgermeister, Herr Karl Hube den Hirschlachern aber auch sich selbst ein ebenso einmaliges Denkmal gesetzt hat. Es steht dort, wo vordem die Hirtenhäuser an eine jüngere Vergangenheit gemahnt haben. Wir sollten das Denkmal als Klammer zwischen einer längst versunkenen Zeit und der Gegenwart auffassen. Für unsere Vorgänger in Hirschlach war der Hirsch – bis vor 200 Jahren noch hierzulande anzutreffen – das edleste Jagdwild, edel genug, um hier oder anderswo als Opfer dargebracht zu werden. Wir Heutigen sehen im Hirschen sehen im Hirschen ein unschuldiges Geschöpf Gottes, das uns mahnt, Ehrfurcht vor dem Schöpfer und seiner Schöpfung zu empfinen und mit unserer Umwelt in Eintracht zu leben.


D o r f a n l a g e

Gestatten Sie mir noch eine letzte Einlassung auf die Vor- und Siedlungsgeschichte von Hirschlach.

Wenn man von Ornbau nach Hirschlach kommt, und wenn man die Straßenenge am Ortseingang passiert hat und Richtung Heglau weiterfährt, erscheint einem die Ortschaft als planmäßig und großzügig breit angelegtes fränkisches Reihendorf. Biegt man aber die erste oder zweite Gasse an der Engstelle zur Kirche hinunter ab, so zeigt sich ein völlig anderes Bild: zwei schmale, krumme Gassen, einen nun voll gebauten Platz umschließend, die Höfe um diesen Platz herum angeordnet und zu dieser verloren gegangenen Ortsmitte hin geöffnet.

Wir können daraus schließen: Hirschlach ist ein zwei Siedlungsepochen entstanden. Das „Unterdorf“, wie es auch genannt wird, liegt am Quellhorizont des Hanges zu den Altmühlwiesen. Hier liegt auch ein alter Dorfbrunnen. Dieser Ortsteil ist vermutlich alemannischen Ursprungs und ist bei der fränkischen Landnahme im 6. Jh. so übernommen worden. Das „Oberdorf“ aber ist mit Sicherheit erst im Zuge des fränkischen Landesausbaus im 12. Jh. entstanden. Dabei wurde die Ortschaft nach Osten entlang der alten Handelsstraßen erweitert und ein 1956 entdeckter Reihengräber-Friedhof aus er Merowingerzeit erbaut. Möglicherweise ist der Ortsausbau bereits unter der Führung der neuen Dorfherren erfolgt, die sich später „von Hirzlach“ nannten.


N e u z e i t

Die Bewohner hatten die Vor-Geschichte ihres Dorfes so gut wie vergessen oder nie gehört. Dafür sorgte schon ein neues geistig-religiöses Selbstverständnis, aber auch Seuchen und Kriegsläufe mit einem mehr oder weniger gründlichem Austausch der ansässigen Bevölkerung. Nach dem 30-jährigen Krieg waren in Hirschlach von 22 Anwesen 12 verödet. Dennoch waren wichtige Weichen für die Neuzeit des Dorfes, wie wir hörten, schon aus der Vergangenheit gestellt.


R e f o r m a t i o n

Der größte Teil des Dorfes war noch zu Zeiten der Herren von Hirschlach aus deren Besitz durch Schenkungen und Verkäufe in den Besitz der Klosters Heilsbronn gekommen. Die Verarmung des niederen Adels war eines der traurigen Kapitel jener Zeit. Mit der Reformation und der Säkularisierung des Klosters Heilsbronn fiel Hirschlach an das Fürstentum Ansbach. Eine Umpolung des Dorfes war die Folge: von der katholischen Pfarrei Ornbau zur evangelischen Pfarrei Merkendorf (vollzogen 1569), vom Bistum Eichstätt zur Markgrafschaft Ansbach.

Die stattlichen Einkünfte aus der Kirschstiftung von Hirschlach machten es möglich, dass ab 1573 eine zweite Pfarrstelle in Merkendorf eingerichtet werden konnte. Von da an wurde in Hirschlach jeden zweiten Sonntag und an den Feiertagen ein Gottesdienst abgehalten. Die Zeiten, in denen das Kirchlein die meiste Zeit unbenutzt dahin dämmerte waren vorbei. Ein neuer Geist zog ein. Der Kirchenraum, bis auf den Hauptaltar, zwei Seitenaltären und einigen Bänken eine gähnende Leere, füllte sich nach und nach: erst ein primitiver „Predigtstuhl“, dann ein besserer, erst ein kleine, dann eine größere Orgel, Kirchenbänke. Die jetzige Orgel stammt aus dem evangelischen Betsaal in Eichstätt und wurde 1899 angeschafft.

Als einziges Überbleibsel aus der ältesten Zeit ist der alte T a u f s t e i n zu betrachten. Er wurde 1959 bei Kanalgrabungsarbeiten unweit der Kirche wiedergefunden und 1997 wieder um den Fuß komplettiert. Sachverständige kamen zu dem Urteil, dass der Stein dem Maßkanon der klassischen Proportionslehre der Steinmetzkunst in vollkommener Weise entspricht. Das Gebäude als solches war in den jetzigen Abmessungen sehr wahrscheinlich schon von Anfang an ein wohl proportionierter Hallenbau mit schon gegliederten Längswänden, einem klaren Übergang zum Altarraum, einer überzeugenden Verbindung von Turmfuß und Chor. An Z u - und U m b a u maßnahmen am ursprünglichen Baukörper der Kirche sind zu nennen: der Anbau der Sakristei, wahrscheinlich schon sehr früh, wie auch der Einbau der Westempore, über den ebenfalls kein Bericht vorliegt. Der Glockenturm wurde 1621 um ein Stockwerk aufgestockt, „damit das Geläute überall im Dorf gehört werden kann“, so wurde auch dieses bedacht. 1889 wurde die Eingangspforte anlässlich einer gründlichen Kirchenrenovierung an die Westfront verlegt, so dass sie nun in der Längsachse des Kirchenschiffs liegt und so einen festlichen Ein- und Auszug bei besonderen Anlässen erlaubt. Sie war vorher an der Südseite angeordnet, wo jetzt der neuere Taufstein steht.

Von 1889 bis zur nächstfolgenden grundlegenden Überholung der Kirche (1965/66) waren die Innenwände mit Schablonenmalerei bedeckt und ein eiserner Kronleuchter, ein großes Altarbild, den Auferstandenen Christus darstellend, gaben dem Kirchenraum, wie man auf alten Bildern sieht, eine farbige Atmosphäre. H e u t e trägt der Kirchenraum ein schlichtes Gewand, so, wie es in alten Zeiten gewesen sein mag. Umsomehr kommt nun der Blumenschmuck zur Geltung, und an dem fehlt es nie.

Bei der letzten Umgestaltung wurde auch das A l t a r k r u z i f i x (aus der Bildhauerwerkstatt Traxler in Kapsdorf) aufgestellt. 1995 kamen die lange geplanten beien „Assistenzengel“ aus der Bildhauerwerkstatt Pfeiffer (Mittelramstatt bei Leutershausen) hinzu. Kruzifix und Engel lassen die Nähe der Kirche von Merkendorf erkennen. Neueren Datums sich auch die messingenen Deckenlampen und die Kerzenwandleuchter. Viele der neueren Einrichtungen sind von Mitgliedern der Kirchengemeinde, namentlich von den Konfirmandeneltern gestiftet worden sind.

Besonders hervorzuheben sind die K i r c h e n g l o c k e n , die zusammen ein volltönendes, überaus harmonisches Geläute ergeben. Die älteste Glocke stammt aus der 2. Hälfte des 15. Jhs., ist allerdings erst 1825 nach Hirschlach gekommen, die jüngste und mit 13 Zentnern schwerste Glocke wurde 1976 angeschafft. Die Abstimmung der vier Glocken und damit die Gesamtkomposition des Geläutes war ein besonderes Anliegen und Verdienst des damaligen Stadtpfarrers Herrrn Karls Schrems.


D i e S c h u l e

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts, als die ärgsten Wunden des 30-jährigen Kriegs verheilt waren, belegt ist das Jahr 1680, wurde in Hirschlach eine zunächst vierklassige Elementarschule zunächst als Winterschule eingerichtet. Die Anstöße dazu kamen schon seit der Reformation vom neuen Glaubensverständnis her, nach welchem Bibel und Gesangsbuch zu Volksbüchern werden sollten. Aber auch die allgemeine Lebenspraxis, in der immer weniger das alte Herkommen und immer mehr das auf Papier geschriebene Wort zur Hauptsache wurde, machte die systematische Alphabetisierung der Heranwachsenden auch im Bauerndorf unumgänglich. Die beste Stube im vorhandenen Mesnerhaus wurde zur Schulstube gemacht, der Mesner, damals zugleich Dorfschmied, wurde erst nebenbei, dann hauptamtlich zum Schulmeister, der daneben auch als Mesner, Organist und Gemeindeschreiber fungieren musste. (Die Adelsherren von Hirschlach lassen grüßen, denn aus ihrer Stiftung wurde das ja ermöglicht.)


D a s G e m e i n d e w e s e n

In der alten Zeit hatte das Dorf einen Fronhof, es war der Hof gleich oberhalb der Kirche. Es verstand sich auch irgendwie von selbst, dass das Gemeinwesen, vordem von einem Vogt im Namen des Grundherren verwaltet, nun eine – wenn auch bescheidene – Selbstverwaltung erhielt, einen Gemeindevorsteher mit weiteren Beigeordneten, beaufsichtigt von einem Amtmann, der seinen Sitz in Merkendorf hatte,

Das Dorf hatte im Übrigen noch eine durch und durch agrarische Verfassung. Die Gemeindeversammlung, das waren die vollberechtigten Gemeindeeigner an der umfangreichen unaufgeteilten Dorfflur, der Almende, 20 Hofbesitzer, von denen einer auch das Schankrecht und einer das Schmiedefeuerrecht ausübte.


L a n d w i r t s c h a f t

Die Bauern waren auf Gedeih und Verderb in einer auf ungeschriebenem Gesetz beruhenden Dorfgenossenschaft zusammengeschlossen. Flurzwang, Hütezwang und Hirtenzwang ermöglichten ein nach heutigen Maßstäben zwar nicht besonders ertragsfähiges, jedoch stabiles Wirtschaftssystem. Das enge Acker-Grünlandverhältnis von 1:1 kam dem Ackerland, durchwegs lehmige Sande, zu Gute. Die Bauern erzeugten im Wesentlichen für die Selbstversorgung. Verkauft wurden Getreide und Vieh. Mitte des 19. Jahrhunderts waren Zugpferde das große Geschäft. Hirschlach war, man höre und staune, ein Dorf von Pferdezüchtern. Von 18 Arbeitspferden waren 18 Zuchtstuten.


Z u r  G e g e n w a r t

Wir nähern uns mit großen Sprüngen unserer Zeit. Der Mensch gebraucht gern griffige Worte und Bilder, um seine Welt zu verstehen. Ein solches Schlagwort für unsere Zeit lautet „Rationalisierung“, Umgestaltung aller Dinge nach verstandesmäßigen Überlegungen, vor allem nach einem Kosten-Nutzenvergleich, wobei Kosten und Nutzen nicht unbedingt nur in barer Münze verstanden werden. Dabei wird Rationalisierung gelegentlich auch als „Weg-Rationalisierung“ von für überflüssig erachteten Einrichtungen definiert.

In diesem Sinne kam zuerst die zweite P f a r r s t e l l e dran. Im Jahre 1952 kam man höheren Orts zu der Überzeugung, dass e i n Pfarrer, der ja nun motorisiert war, den gesamten Pfarrsprengel versorgen könne. Nach Jahrzehnten ist es unserem Pfarrer, Herrn Detlef Meyer, nun gelungen, erst einen Diakon, und dann auch noch eine Vikarin für den Pfarrsprengel zu requirieren, und damit neue Zeichen zu setzten. Man möchte darin gerne ein gutes Omen auch für andere Felder unseres Gemeinschaftslebens erblicken.

Wegrationalisiert wurde 1969 die V o l k s s c h u l e , nachdem diese schon in der Zeit von 1937 bis 1946 wegen Mangels an Schulkindern geschlossen war. Die Volksschule von Hirschlach war von bescheidensten Anfängen einer Minimalbeschulung in die Schule für das Volk hinein gewachsen, von der aus jeglicher weiterführender Bildungsweg beschritten werden konnte. Sie hat durch 250 Jahre, das sind 12 Generationen, die Dorfkinder auf das Leben vorbereitet, so dass sie zu tüchtigen Menschen wurden. Der Wechsel zur Volksschule in Merkendorf wurde mit einem lachenden und einem weinenden Auge hingenommen, ebenso wie

1978 der Verlust der eigenen G e m e i n d e hoheit. Maßgeblich war hier die Überlegung, dass in Zukunft nurmehr eine vollamtliche Gemeindeverwaltung in der Lage sei, die wachsenden kommunalen Aufgaben zu erfüllen. Hirschlach mit Neuses kamen nach einem Zwischenspiel mit der Verwaltungsgemeinschaft Triesdorf nach Merkendorf, und kehrten damit in einen schon zur Markgrafenzeit bewährten Amtsbereich zurück. Wegrationalisiert wurden schließlich auch die überflüssig gewordenen Hirtenhäuser und last but not least die Gastwirtschaft.


L a n d w i r t s c h a f t

Etwas turbulenter verlief die Geschichte in der Landwirtschaft. Von der oberfläche her betrachtet nahm die Landwirtschaft, zaghaft beginnend in der zweiten Hälfte des 19., dann stürmisch ab der Mitte des 20. Jahrhunderts einen gewaltigen Aufschwung. Die Zahl der Aktivposten in Gestalt der Erzeugungsleistung der Betriebe nahm von Jahrzehnt zu Jahrzehnt zu.

Zu den alten Anbaufrüchten Roggen und Hafer kamen Weizen und Gerste (Braugerste), Kartoffeln und Klee, Kraut und später Zuckerrüben hinzu. Die Kartoffel zog die in alten Zeiten kümmernde Schweindemast und dieses die Ferkelerzeugung nach sich. 1934 kam es zur organisierten Milchablieferung an die Landmolkerei in Muhr, wodurch die Viehwirtschaft endlich eine dem hohen Grünlandanteil angemessene Bedeutung erhielt. Die Einführung des Silomaises, die Verbesserung der Konservierung von Wirtschaftsdünger und Wirtschaftsfutter und vieles andere mehr kurbelten diesen Rationalisierungsprozess weiter an. Auch die großartig bewältigte Flurbereinigung und die stürmische Mechanisierung aller Arbeitsabläufe kann zu der „Oberflächenerscheinung“, wie ich sie genannt habe, gerechnet werden. Manchen Feierabendbauer erfuhr gerade in seiner Maschinenausrüstung seine Genugtuung, auf Erreichtes stolz sein zu können. Zur gleichen Zeit spielte sich aber in einer Unterströmung, im Verborgenen fast, etwas Anderes, menschlich gesehen Dauerndes, Wichtigeres ab. Zuerst wurden die vielen Dienstboten freigesetzt, (zeitweise waren es an die 30!), dann überzählige familieneigene Arbeitskräfte. Schließlich suchten sich Landwirte kleinerer Betriebe einen außerlandwirtschaftlichen Zuerwerb.

Mit dem Umschlagen der Rationalisierung von der Diversifizierung und damit Zersplitterung zu mechanisierungswürdigen Produktionseinheiten zur Spezialisierung schlussendlich, machten erst kleinere, dann auch größere Betriebe ihre Tore zu. Heute sind von ehedem 20 Betrieben noch 7 aktiv und in absehbarer Zeit werden es nurmehr 3 oder 4 sein. Die Blütezeit der Familienbetriebe in den Jahrzehnten nach dem II. Weltkrieg war dennoch mehr als Euphorie, war mehr als leerer Wahn. Sie war volles Bauernleben, voll Kraft und voller Hoffnung und soll in diesem Bilde im Gedächtnis weiterleben.

Die Pflege der Dorfflur liegt nun auf immer weniger Schultern. Von außen betrachtet ist in diesem Strukturwandel nur der unaufhaltbare Vollzug eines weltweit geltenden ökonomischen Vernunftgesetzes zu erkennen. Hirsch zieht g l e i c h. Es ist nun beruhigend zu sehen, das dieses Prozess in ein neues, stabileres Gleichgewicht überzuleiten beginnt. Die Landwirtschaft gewinnt wieder an Wertschätzung, auch dieses weltweit.

Hirschlach hat sich vom homogenen Bauerndorf zum Mischdorf mit hohem Pendler- und Rentneranteil gewandelt. Die Bevölkerungszahl ist stabil und langfristig eher zunehmend. Die Bevölkerungszahl ist stabil und langfristig eher zunehmend. Die Altersstruktur stimmt, nicht nur gemessen an der Länge des Maibaums, sondern auch an der Zahl der allmorgendlich an der Bushaltestelle aufgestellten Schultaschen.


W i e s m e t

Es war eben von der Pflege der Dorfflur die Rede. Hirschlach hat in dieser Hinsicht durch seine Lage am Altmühlgrund eine besondere Stellung. Die Altmühlwiesen bilden hier ein einzigartiges und bundesweit seltenes Biotop. Wiesenbrüter wie Brachvögel, Bekassinen, Kiebitze, Uferschnepfen und Rotschenkel finden hier seit Menschengedenken ein Frühjahrs- und Sommerquartier, wie sie es brauchen. Dieses Biotop kommt durch die fast brettebene Talaufschüttung, welche die Altmühl hier seit Jahrzehntausenden geschaffen hat, zustande. Die Folgen sind ein außerordentlich geringes Gefälle des Flusses von nur einem halben Prozent und daher früher häufige, seit der Errichtung des Altmühlsees seltenere Überschwemmungen. Dr. Georg Wagner spricht in seinem Buch über die Entwicklungsgeschichte des oberen Altmühltals vom „Binnendelta“ und vom „verkehrten Fluß“, der in seiner Jugend träge dahin fließt und erst im Alter, im Unterlauf emsig wird.

Die moderne Landwirtschaft hat dem Lebensraum der Wiesenbrüter seit Jahrzehnten auf verschiedene Weise geschadet. Man ist nun dabei, diese Schäden so weit möglich, wieder rückgängig zu machen. Das „Wiesmet“-Projekt, so heißt es nach einem alten Namen für alles, was mit der Wiesenwirtschaft zu tun hatte, beruht auf der Zusammenarbeit zwischen Naturschutzbehörden mit Landwirten auf vertraglicher Basis. Die bisherigen Erfolge zeigen, dass Ökologie und Ökonomie sich durchaus auf intelligente Weise verbinden lassen. Es wird die Zeit kommt, da wird der Altmühlgrund wieder ein Stück mehr heile Natur sein, wie er früher war.


S c h l u s s

Unser Streifzug durch die Geschichte und Vorgeschichte von Hirschlach hat unter anderem auch verschiedenen B e s o n d e r h e i t e n aus der Geschichten des Dorfes zutage gefördert, Besonderheiten, welche die Identität, das Unverwechselbare unseres Dorfes ausmachen, auch dann, wenn sie zum Teil ungesichert, dafür jedoch als sehr einleuchtend gelten dürfen.

Was ist nun von der Vergangenheit geblieben?

  • Da ist zunächst einmal ein stolzer Name, Hirschlach, zu nennen,
     
  • da ist eine Siedlungsanlage, der die Geschichte immer noch auf den Leib geschrieben steht
     
  • da ist die Kirche, nicht nur die hier in Stein, sondern die als lebendige Gemeinde

und es ist die V e r p f l i c h t u n g , dieses Dorf, diesen Flecken Erde, Erbe vieler Jahrhunderte, in gemeinsamer Bemühung zu pflegen, weiter zu gestalten und als Heimat zu erhalten.


Dr. Walter Fischer, Hirschlach

Vortrag gehalten am 13. Oktober 2007 im Rahmen der Kulturreihe „Herbstreigen“ des Vereins der Freunde Triesdorf und Umgebung e. V., Triesdorf in der St. Johannis-Kirche zu Hirschlach.

 

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