Die Herren von Seckendorff - Burkard von Seckendorff zu Merkendorf |
1551 notierte der Humanist Kaspar Bruschius: Ita enim dicunt Ostrofranci de sua nobilitate praecipua Seinshemii antiquissimi, Einhemii superbissimi, Grumbachii mollissimi et Seckendorffii numeralissimi – es sagen nämlich die Ostfranken von ihrem vornehmsten Adel, dass Seinsheim die ältesten, Enheim die stolzesten, Grumbach die reichsten und Seckendorff die meisten seien. Und zweifellos zu Recht gelten die Seckendorff mit der Stammfamilie und dreizehn, zuweilen recht zahlenstarken Linien (Abenberg, Aberdar, Egersdorf, Gutend, Hörauf, Hoheneck, Jochsberg, Nold, Obersteinbach, Pfaff und Rinhofen I-III, von denen heute noch mit Aberdar, Gutend und Rinhofen III blühen) sowie mit (bislang nachgewiesenen) Gütern und Rechten in mehr als 1000 Orten als besitzstärkstes und auch weitverzweigtestes Niederadelsgeschlecht Frankens. Wo kam es her? Eines Tages ritt der fromme Kaiser Heinrich II. (1002-1024), Stifter des Bistums Bamberg, von seiner Burg Nürnberg inmitten der Reichswälder her in den kleinen Ort Seckendorf in der Nähe der Veste Cadolzburg, auf der vielleicht schon in dieser Zeit seine Beamten, die Grafen von Abenberg, saßen. Unter einer Linde rastend sah er dem dörflichen Tanze zu, was ihm jedoch die zahlreichen Fliegen recht sauer werden ließen. Um sich ihrer zu erwehren, ließ Heinrich einen Zweig abbrechen, wobei sich einer der Ortburschen erlaubte, ihm einen kräftigen Zutrunk anzubringen. Heinrich sprach, wer den Mut habe, seinem Kaiser einen Zutrunk anzubringen, könne seine „herzhaftigkeit“ auch anderwärts zeigen. Er drückte dem Burschen den geflochtenen Lindenzweig auf das Haupt und sprach, „daß er künftig von Seckendorff genennet, sein diener seyn und sich allezeit tapfer und herzlich bezeugen soll“. Soweit jedenfalls die spätestens im 16. Jahrhundert schriftlich fixierte Wappen- und Nobilierungssage der Familie Seckendorff. Der hier formulierte soziale und politische Anspruch der Familie ist klar: Die der burggräflichen Ministerialität der Zollern entstammenden Seckendorff erklären sich und den anderen mit der Sage nicht nur ihr Wappen (den zur Acht geschlungenen roten Lindenzweig mit acht Blättern in Silber), sondern behaupten Zugehörigkeit zum Kreis der ehemaligen Reichsdienstmannen. Dies sicherlich auch deshalb, weil diesen Familien noch in der Zeit der Errichtung und Verfestigung der Reichsritterschaft seit der Reichsreform Maximilians II. v. a. aber seit der Reichsmatrikel von 1521, besonderes Sozialprestige zukam. Das Selbstverständnis der Familie wird hier aber nicht Halt machen und sich im 18. Jahrhundert quasi auf eine Stufe mit den fürstlichen Lehens- und Dienstherren stellen. Von der Sage zur bislang bekannten historischen Wirklichkeit: Namensgebend für das 1254 (März 1) mit Heinrich de Seckendorf erstmals aus dem Dunkel der Geschichte auftauchende Geschlecht war zweifellos der Ort Seckendorf bei Cadolzburg. Dabei ist es auch unerheblich, dass sich dort nur ein (1326 zudem an Nürnberger Bürger veräußertes) seckendorffisches Anwesen und keineswegs ein befestigter Sitz oder gar eine Burg nachweisen lässt. Entscheidend ist, dass die Familie hier über Allodial- also Eigenbesitz verfügen konnte, lief die „Familiennamensbildung“ des Ministerialenadels doch über Allodial- und nicht über die Lehengüter. Und dass Niedeadelige keineswegs immer auf Burgen residieren mussten, sonder auch auf Bauerngütern sitzen konnten, zeigt sich in der Familie Seckendorff bei der Linie Aue, die auf einem Schafhof in Mailheim (alte Namensform: Aue) in Sichtweite der alten Reichsburg Hoheneck im Aischgrund lebte. Ähnlich lag die Situation wohl auch in Seckendorff: Hier lag die Burg Cadolzburg, auf der Heinrich sicherlich Burghutdienste verrichtete, ebenfalls in Sichtweite des Wohnorts. Ob die Seckendorff allerdings aus dem fränkischen Ministerialenadel kamen, etwa demjenigen der alten Rangaugrafen und Bamberger Hochstiftsvögte, der Grafen von Abenberg, oder mit den Zollern 1191/92 aus Schwaben mit nach Nürnberg gekommen sind, das wird sich wohl nie mehr klären lassen. Auffallend ist und bleibt allerdings das bereits zu Beginn der Familiengeschichte Seckendorff sehr enge Verhältnis zu den Nürnberger Burggrafen aus dem Hause Zollern, das sich nicht nur in zwei Hofämtern (Truchsessen- und Schenkenamt) manifestierte, sondern bis zum Ende des Alten Reiches eine Konstante fränkischer Geschichte bleiben sollte. Ausgehend von den alten Zentren um Seckendorf/Langenzenn und um Obernzenn, wobei letzteres heute noch das im Familienbesitz stehende und Dank des Engagements des Grafen Rainer v. Seckendorff-Aberdar eindrucksvoll restaurierte Schlösser bietet, gelang es den Seckendorff rasch, ihre Besitzbasis wesentlich zu erweitern. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts, also noch vor der großen Agrar- und Adelskrise, lassen sich – neben der Stammfamilie, von der alle sich herleiten – dreizehn Familienzweige nachweisen, die zwei großen Ästen, dem Hohenecker und dem Zenngrunder, entsprossen sind. Ihr Besitz erstreckte sich in weitem Bogen vom Oberlauf des Mains, wo sich um Bayreuth mit der Linie Rinhofen I ein nordöstlicher Schwerpunkt ausgebildet hatte, über den mittleren Regnitzlauf (Hallerndorf, Rinhofen II) und dem Steigerwald (Linien Pfaff und Nold) bis zum Mainviereck (Nold). Von dort griff er entlag den Crailsheimer Landen (Aberdar) und dem mittleren Wörnitzlauf bis ins Baierische um Ingolstadt an der Donau hinein (Jochsberg). Nach Osten hin her er freilich den Rednitzlauf kaum überschritten. Im ausgehenden 15. Jh. wird für etliche Zeit Eschelbronn im Badischen hinzukommen und im 17. Jh. etablierte sich die Linie Gutend mit dem Erwerb von Meuselwitz und Schnauderhainichen durch Veit Ludwig v. Seckendorff-Gutend erfolgreich in Thüringen. Eigentlich wies die Familie in jedem Jahrhundert ein herausragendes Mitglied oder sogar mehrere Persönlichkeiten auf, welche sich in der innerseckendorffischen wie fränkischen Adelkonkurrenz besonders gut positionieren konnten. Im 14. Jahrhundert ragen vier Persönlichkeiten heraus, von denen drei – Arnold der reiche Nold, der sich vor 1365 die 1709 durch ein Barockschloss abgelöste Burg Trautskirchen im Zenntal erbaut, Friedrich-Rinhofen genannt der alte Vogt zu Bayreuth und Burkard zu Jochsberg, von dem noch die Rede sein muss – durch außerordentliche geschickte Erwerbspolitik auffallen, während der vierte, Arnold zu Obernzenn, mehr als Finanzier zu gelten hat. Ihm war es immerhin möglich, von Kaiser Karl IV. gegen die gewaltige Summe von 200 Mark Silber die Zeidelweide im Nürnberger Reichswald als Pfand zu nehmen (1350 April 14) und schon 1349 hatte er als Kompensation für die Verbindlichkeiten des Luxemburgers Anwartschaft auf Häuser Nürnberger Juden erhalten. Burkard v. Seckendorff-Jochsberg, im Auftrag des Kaisers Ludwig 1339 Mitschirmer der Zisterze Heilsbronn und seit 1349 Stadtherr in Gunzenhausen (wo er ein Spital stiftete), war zweifellos der erfolgreichste Territorialpolitiker, den die Familie hervorgebracht hat. 1330 erstmals in den Quellen genannt, konnte er bis zu seinem Tod 1365 Güter und Rechte in 169 Orten erwerben, die sich in ca. 170 (bislang bekannten) Orten vom Mainviereck bei Kitzingen bis an Ingolstadt an die Donau spannten und den Raum von Wörnitz und Tauber bis zur Rednitz überbrückten. Die auffällige Besitzmassierung am Oberlauf von Aisch und Ehe entstammten dem väterlichen Erbe, das er sich 1342 und 1350 mit seinem Bruder Arnold geteilt hatte. Diejenige um Jochsberg – dem namensgebenden Sitz bei Leutershausen, von dem ein wunderschönes Modell im Heimatmuseum ebenda zu bewundern ist -, um Möhren und Monheim aber resultierte aus der Tüchtigkeit wie vielleicht auch aus der Raffinesse des als Kriegsunternehmer nachweisbaren Seckendorff, der wie sein Testament vom 1. Sept. 1363 beweist, Zugriff auf Vermögen wohl der Nürnberger Judenheit erlangt hatte (Silber, das ihm „von den Juden worden ist“). Mit dem Erwerb der vom Stift Ellwangen zu Lehen gehenden Stadt Gunzenhausen aus der Hand der sich in einer politisch-ökonomischen Krise befindlichen Riesgrafen Oettingen (1349 Dez. 18 abgeschlossen) verließ der Seckendorff den Rahmen üblicher niederadeliger Güterpolitik. Hierher fügt sich auch die Spitalstiftung von 1350/51: Der an der Schwelle zur eigenen Territorialherrschaft stehende Ritter tätigte hiermit nicht allein eine Stiftung für sein und der Seinigen Seelenheil, er schuf sich auch eine würdige Grablege als sakrales Zentrum seiner künftigen Dynastie. Für seine Zeit und seinen Stand ungewöhnlich, aus heutiger Sicht gar säkulär wirkend, organisierte er dieses aber nicht als Kloster (wie von Erkinger v. Seinsheim, Stammvater des Hauses Schwarzenberg noch 1409 mit Astheim), sondern unterstellte es als Spital der alleinige Zuständigkeit des Stadtherrn. Seiner und seiner Nachfolger Rechte sollten keinesfalls durch Ansprüche eines Ordensoberen oder Diözesanbischofs geschmälert werden. Das so eindrucksvolle Werk des Vaters aber konnten die Söhne nicht fortsetzen, wofür der Verkauf von Gunzenhausen 1365 durch den Sohn Wilhelm an die Burggrafen von Nürnberg geradezu Synonym ist. Hierfür sind neben der gegen den erklärten Willen des Vaters durchgeführten Erbteilung persönliches Unglück oder Versagen wie der Wandel der Zeit im Allgemeinen als Ursache dingfest zu machen. So dürften neben den personellen und materiellen Verlusten aus Fehden – hatte sich der Sohn Arnold doch 1375 gegen die stattliche Summe von 345 lb h [Pfund Heller] aus der Gefangenschaft des Hans v. Absberg lösen müssen und war 1385/86 von den Nürnbergern gefangen genommen worden – dürfen auch die Folgen von Kriegen (1381, 1387/88 und baierischer Krieg 1406/07) nicht unterschätzt werden. Zudem hatten die Seuchenzüge nach 1348 die Wirtschaftskraft Frankens schwer getroffen und die Einkünfte aus der Grundherrschaft sinken lassen. Das sich aber der Bedarf der Herrschaft nicht verringert hatte, unterblieb die für eine Schadensbehebung oder gar für weiteren Gütererwerb nötige Kapitalakkumulation und deshalb stand nicht nur am Ende der Herrschaft Jochsberg der ordinäre wirtschaftliche Bankrott.
Szenenwechsel: Am Tag Feria secunda post dominicam Invocavit, also am Montag nach dem 1. Fastensonntag, des Jahres 1451, mithin am 15. März, wurde im Protokollbuch des Kaiserlichen Landgerichts des Burggraftums Nürnberg notiert: Item man soll verkunden Burkarten von Seckendorf zu Myrkendorf und Burkarden von Seckendorf zu Rotenburg und Hans von von Seckendorfen Witwe zu Jochsperg von wegen Herrn Jorgen von Ehenheim, Hansen von Hausen und andern seine mitgesellen ut in libro tandem in causa contra Johanem des Seckendorff als die sachen mit schulden und aufslagen herkommen sind. (KLG N A 225, folg. 275’). Man soll Burkard v. Seckendorff zu Merkendorf, seinem Vetter und Namensvettern, der in Rothenburg wohnt, und der Witwe des Hans v. Seckendorff zu Jochsberg mitteilen, dass sie in den Schuldensache des Verstorbenen endlich frei sind. Regelung eines Konkurses, nichts ungewöhnliches auch in der damaligen Adelswelt. Da hatte es auch nichts geholfen, dass der Großvater des Schuldners, obgenannte Burkard v. Seckendorff-Jochsberg, wie geschildert, in seiner Zeit als einer der bedeutendsten Ritteradeligen Frankens als Grund- und Gerichtsherr eines sich im Mainviereck bis zur Donau und von der Wörnitz bis zur Rednitz erstreckenden „Reiches“, Schirmer der reichen Zisterze Heilsbronn, Stadtherr zu Gunzenhausen und Stifter eines Spitals ebenda einst an der Schwelle zur eigenen Territorialherrschaft gestanden hat. Der Enkel Hans des Burkard konnte zwar noch die festen Häuser Michelfeld, Gnötzheim, Möhren und Jochsberg sein eigen nennen, war aber wohl in einer kaum zu stoppenden Abwärtsspirale von Kapitalaufnahmen – denen nur selten eigenen Verleihgeschäfte gegenüberstanden – und Güterverkäufen, wie 1446 das Dorf Langenfeld an den Vetter Burkard v. Seckendorff-Hoheneck, gefangen. So änderte auch das 1446 vom Bruder Georg angefallene und zweifellos ebenfalls verschuldete Erbe nichts am endgültigen Ausverkauf, der vielleicht auch vor dem Hintergrund der letztendlich ohne Kinder gebliebenen drei Ehen des Hans zu sehen ist. Was hatte aber „unser“ Burkard mit dem Ganzen zu tun? Ganz einfach, er und sein in Rothenburg ob der Tauber sitzender gleichnamiger Vetter waren als Bürgen, vielleicht sogar als Vormünder resp. Schirmer der Witwe, in den Konkurs des letzten Jochsbergers hineingezogen worden – einem Risiko, welchem sie sich als Anverwandte kaum hatten entziehen können. Und das Landgericht stellte fest, dass dem Gläubigerkonsortium, von dem Georg v. Enheim, Hans v. Hausen namentlich genannt werden, mitzuteilen ist, dass die Sache sowohl von der Schuld- wie auch von der Zinssumme her erledigt wäre, wie, das wissen wir nicht. Burkard, Angehöriger der Linie Seckendorff-Hoheneck, wird erstmals 1422 zusammen mit seinem Bruder Ulrich im Zuge eines Rechtsstreits mit dem Vetter Arnold v. Seckendorff genannt, wobei letzterer klagt, die Brüder hinderten ihn am Nießbrauch wohl von diesen erklagten Güter. Von familiärer Einigkeit also keine Spur. Für längere Zeit schweigen dann die Quellen, erst beim eingangs genannten Verfahren taucht der Seckendorff wieder auf. Im selben Jahr wird er auch von Löb Jud aus Leutershausen beklagt, wobei wir den Grund nicht kennen und nur vermuten dürfen, dass es ebenfalls um Finanzen ging. Vom Vater Arnold hatten die Brüder den Sitz Triesdorf geerbt, während ein vierter Bruder, Hans, sich in Sugenheim und dann beim Deutschen Orden findet. Das Dilemma vieler Adelssippen, viele Mäuler und wenig Güter, hat also auch diese Seckendorff-Linie nicht verschont. Denn das vom Vater Arnold erworbene Triesdorf, war keineswegs ein stattlicher Besitz und die bei der Linie verbliebenen Erbgüter im Aischgrund garantierten zweifellos kein stattliches Einkommen. Die namensgebende Burg Hoheneck im Aischgrund war im 1. Städtekrieg 1388 von den Windsheimern zerstört und spätestens bis 1412 an die Burggrafen von Nürnberg verkauft worden, weshalb allein die ebenfalls niedergelegten Sitze Ipsheim, Lenkersheim und Berolzheim mit ihren wenigen Zugehörungen verblieben waren. Dagegen hatte die Linie im Ehegrund durch den Erwerb der Hälfte an Sitz und Dorf Sugenheim aus dem Besitz der Bernheim 1412 sowie dem Freundskauf von Langenfeld 1446 von Hans v. Seckendorff-Jochsberg ihre Position nach einmal verbessern können. Für die wirtschaftliche Situation unseres Burkard war dies freilich bedeutungslos, er konnte nur, und dies nicht einmal allein und unbestritten, über den Sitz Triesdorf verfügen. Wobei ich bewusst Sitz und nicht Rittergut sage. Denn diese bildeten sich erst in einem langen, ziemlich das ganze 16. Jh. dauernden Prozess aus, wobei vor allem die Organisation des „überlebenden“ Adels in der Reichsritterschaft die Hauptursache war. Und diese Situation war, wie verschiedene Landgerichtsprozesse zeigen, zweifellos nicht allzu rosig. So klagte 1458 Hermann Stolle von Eschenbach wegen ihrer Schulden auf den Sitz Triesdorf. Burkard und der nunmehr verstorbene Ulrich haben bei ihm um 40 lb h gezehrt – was zwei auf einmal gar nicht schaffen konnten – er hatte ihnen noch 6 fl geliehen, damit sie ihr Getreide ernten lassen konnten, ebenso noch eine Scheibe Salz zum Wert von 5 lb h. Burkard war also schon bei der Bewirtschaftung des Bauhofs und wichtigster Lebensmittel auf Kredit angewiesen! Gerechterweise muss man aber auch festhalten, dass sein 1462 greifbaren Schäden aus den Kriegsdiensten für Markgraf Albrecht Achilles 52 fl. betrugen, ein Betrag, für den man immerhin ein kleines Bauerngut kaufen konnte! Ebenso waren seine Versuche gescheitert, sich durch Zugriff auf potentielles mütterliches Erbe zu sanieren – 1474 scheiterte vor dem kaiserlichen Kammergericht der Prozess gegen Stefan Groß zu Trockau um den Nachlass des Hans v. Hausen, in dem wir den Mutter- oder vielleicht Stiefmutterbruder unseres Burkard sehen dürfen. Burkard lebte nicht neben den Merkendorfern, er lebte mit Ihnen und tätigte Geschäfte. So ist das älteste Stadtsiegel Merkendorfs aus dem Jahr 1473 in einem Seckendorff-Archiv (Sugenheim) überliefert. Hans Pranthaber, vielleicht der Vater des 1497 als Einwohner sowie 1503/05 als Inhaber eines Gütleins auf dem Anger genannten Contz Pranthaber, verkauft dem Burkard v. Seckendorff-Hoheneck zu Triesdorf und dessen Ehefrau Margarete um 26 fl. rh Feldungen, Ödschaften und einem Weiher im Flurteil Fotzlach, was von der Stadt – dem Gericht oder dem Rat geht aus der Urkunde nicht hervor, besiegelt worden ist (Reg. Seck. 587). Dem Zufall der Überlieferung verdanken wir heutigen dem ehemaligen Einwohner die Kenntnis des Siegels. Als Burkard 1476 starb um am 21. Januar im eichstättischen Ornbau bestattet wurde war ein ganz normales ritteradeliges Leben zu Ende gegangen, die Witwe Margaretha Leininger wurde mangels (noch lebender) Kinder Alleinerbin. 1480 erhielt sie vom Heilsbronner Abt ein Gut in Merkendorf, wobei davon auszugehen ist, dass es eigentlich eine Besitzbestätigung ist und es sich bei dem Objekt um das von Burkard besessene Gut handelte. Nach ihrem Tod fiel das Anwesen an den jüngeren Vetter Georg v. Seckendorff-Hoheneck, der eigentlich in Obereggersberg (2 km nw Riedenburg) und in Sugenheim saß und in Diensten Herzog Albrechts von Bayern-München gestanden hat. Vielleicht handelt es sich aber auch um das am Martinstag 1516 (XII 11) von Contz Prews, seckendorff-aberdarischer Vogt zu Kreßberg, und seiner Ehefrau Margarete, um 95 fl. an den Abt zu Heilsbronn verkauften Steinhaus bey unnser liebenn frauwnn kirchenn gelegenn. Kam die obengenannte Urkunde von 1473 vielleicht auch über diese Schiene in das Sugenheimer Archiv (der 1535 verstorbene Hans v. Seckendorff-Aberdar zu Sugenheim hatte auch Kreßberg inne). Wir wissen es nicht (mittels einer Häusergeschichte könnten wir es vielleicht ermitteln). In der Folgezeit schweigen die Quellen über das seckendorffische Anwesen in Merkendorf, weshalb davon auszugehen ist, dass es von Georg bald veräußert und die Präsenz des Ritteradels in der Stadt beendet worden ist – die wohl nur aus der räumlichen Nähe von Triesdorf heraus verständliche Ansiedlung eines Ritters in Merkendorf ist Episode geblieben.
Warum zog Burkard von seiner Burg weg? Nach Merkendorf und nicht in das städtischere Gunzenhausen oder Ansbach? War Triesdorf im Krieg des Markgrafen Albrecht Achilles gegen die Städte – allen voran Nürnberg – 1449/50 (1450 Juni 22 Bamberger Richtung) zerstört worden? Wir haben davon direkt keine Nachricht, aber Seckendorffer hatten Fehdebriefe an Nürnberg gesandt und als Folge der Samthaftung waren auch der Triesdorfer Vetter mit dabei. Vielleicht war Burkard auch nur der über den Teichen stehenden vielen Mücken überdrüssig. Wir werden es wohl nie erfahren, wie so oft sind für persönliche Entscheidungen keine Begründungen auf uns gekommen – ich warne aber immer, in jedem Fall dahinter große politische Beweggründe zu sehen. Und warum Merkendorf? Man saß hier nahe genug bei den Gütern, um mal nach dem Rechten zu sehen, und mal nach dem Rechten zu sehen, und war es hier nicht einfach billiger als Gunzenhausen oder gar die Residenz Ansbach. Und Merkendorf war klein, wobei sich der eine oder die andere vielleicht
noch an meinen Vortrag 1998 „Stadtluft macht frei!? Von der villa
Mirkindorf zur Landstadt Merkendorf“ erinnern mag. Wir sollten ihr
dennoch einen Blick schenken! Die Siedlung steht für späteren
Stadtwerdungen nach der großen Gründungswelle des 13. Jhs. und
hat diesen Status den Äbten von Heilsbronn wie den Markgrafen von
Ansbach zu verdanken. Erstere wollten ein angemessenes Zentrum für
eines ihrer größten Ämter, letztere waren am Ausbau der
Positionen gegenüber dem deutschordischen Eschenbach wie dem eichstättischen
Ornbau interessiert. Der in der 2. Hälfte des 15. Jhs. dann endgültig
erfolgte Aufstieg Merkendorfs aus der dörflichen in die städtische
Spähre wird auch daran sichtbar, dass bis zum ausgehenden 18. Jh.
die Grundherrschaft und mit dem Besthaupt – Ablieferung des besten Noch einige grobe Daten zur Größe Merkendorfs: Das Heilsbronner Gültbuch von 1402 nennt für Merkendorf neun ganze und zwei halbe Lehen, sieben Huben, acht Häuser, ein Gut und sechs Höfen, mithin also 33 Besitzeinheiten. Aufgezählt werden 29 Holden und die wohl nur in Pacht ausgegebene Taberna, die sicherlich eine Weinschenke war, setzte das Biertrinken in unserer Gegend doch erst im ersten Drittel des 16. Jhs. eher zögerlich ein und wurde erst im 17. Jh. dominant. Merkendorf war die jüngste der drei städtischen Schwestern in dieser Region, von denen (Wolframs-)Eschenbach mit dem mit Leben erfüllten Privileg Ludwigs des Bayern 1332 die wirklich älteste war (auch wenn Ornbau 1317/23 die älteren Privilegien aufzuweisen hatte, die wohl aber erst ab ca. 1470 mit Leben gefüllt worden sind). Schon 1383 fühlte sich das Landgericht Graisbach durch den ge on Urlaub erfolgten Bau einer behausung und einer vest in seinen alten Grafschaftsrechten beengt. Wobei wir über den Bau nur rätseln können, war es, wie zwei Generationen später, die Errichtung eines befestigten Amtshauses in Neuhof an der Zenn, etwa für den 1383 von Dürrenhof hierher verlegten Verwaltungssitz? 1398 gestattet König Wenzel aus besundere gnade die Siedlung zu ummauern und einen Jahrmarkt zu halten (BAU 804). 1424 folgt ein Wochenmarkt (am Montag jeder Woche). Spätestens 1437 sitzt mit Heinrich Laminger ein Vogt und Amtmann am Ort, er war sicher keiner der Mönch, obwohl die Frage, ob er dem Niederadel angehörte und somit als stadtherrlicher Untervogt in Frage käme, was wiederum die Indizien zur Stadtwerdung Merkendorfs vedichten würde, bislang nicht geklärt werden konnte. Spätestens 1473 können wir Merkendorf endgültig als Stadt sehen, auch wenn Abt und Bürger ihr (altes) Rathaus erst 1479 vollendet haben werden. 1497 lebten in den 69 Haushalten 176 (177?) Einwohner über 14 Jahren, darunter je zwölf Mägde und Knechte. Aus dem Kreis der 68 Haushaltsvorstände aber rekrutierte sich der Innere Rat mit zehn Bürgern, der Äußere mit zwölf Bürgern sowie die beiden Bürgermeister; fast ein Drittel der Bürger war demnach mit Führungsaufgaben betraut. Auch wenn man bedenkt, dass neben dem herrschaftlichen Vogt und dem Stadtgericht nur lokale Angelegenheiten minderer Bedeutung entschieden wurden, so kann doch von einer breiten Teilhabe an der politischen Macht gesprochen werden, die Bürgerrebellionen wie in Windsheim 1525 und 1744 (mit Klage beim Reichshofrat in Wien) zweifellos gar nicht erst aufkommen hat lassen. Auch das Salbuch von 1503/05 zeigt den bäuerlichen Charakter der Ackerbürgerstadt Merkendorf, was aber in den kleineren Territorialstädten Frankens die Regen und nicht die Ausnahme war. Die ummauerte Fläche der kleinsten Stadt des Fürstentums Brandenburg-Ansbach umfasste ausweislich des Urkatasters von 1828 ca. 8,23 ha und war durch drei Tore zugänglich. Zum Vergleich: Die ummauerte Fläche der Reichsstadt Windsheim vor der Stadterweitung des 14./15. Jhs. umfasste 10,6 ha, diejenige des der Reichsstadt als Keimzelle vorausgehenden Marktortes nur ca. 4,5 ha. Das Kartenbild zeigt auch, dass die ursprünglich geplante Stadtfläche bis zum Ende des Alten Reiches 1806 nicht vollständig ausgefüllt werden konnte und noch relativ viel Platz für Gärten geblieben war. Burkard v. Seckendorff ließ sich 1450/51 also in einer innerhalb kurzer Zeit von seinem Sitz Triesdorf aus zu erreichenden, aufstrebenden, v. a. Ummauerung und Ratsverfassung aufweisenden Siedlung nieder. Als Lehensmann und Mitglied einer dem Markgrafen verbundenen Familie hat er einen Sitz in dessen Einflussbereich bevorzugt – auch wenn er dann in Ornbau beerdigt worden ist, was erklärbar ist: die Kapelle in Merkendorf wurde erst 1477 durch Papst Sixtus IV. von der Mutterkirche Obereschenbach (Wolframs-Eschenbach) getrennt und zur eigenen Pfarrei mit Begräbnisrecht erhoben. Der Adel bevorzugte neben der fürstlichen Residenz eben die größeren und für seine Bedürfnisse nützlicher scheinenden Reichsstädte wie Rothenburg o. d. Tauber oder Windsheim. Dorthin brachte man die wertvollen Familiendokumente zur Verwahrung und dorthin flüchtete man auch zu Kriegszeiten, vor allem in der Katastrophe des Dreißigjährigen Krieges. Dort fand man aber auch die Handwerker und Dienstleistungen, derer man bedurfte, sei es für das Schneiden eines Siegels oder für den Bezug von Arznei aus der städtischen Apotheke. Auch als Alterssitz war das Haus in einer Stadt begehrt, wie das Beispiel des Georg v. Seckendorff-Gutend zu Obernzenn zeigt, der 1495, nachdem er seinen Besitz in Obernzenn seinen Söhnen übergeben hatte, in Windsheim wohnte, wo übrigens auch der berühmt-berüchtigte Götz v. Berlichingen ein Stadthaus unterhielt. Die Bürger sahen die selbstbewussten Adeligen freilich nicht gerne und noch 1610 – als sich das Verhältnis längst entspannt hatte – wird Bernhard v. Hutten, der für seine Tochter Helena Barbara, verehelichte v. Adelsheim, ein Haus in der Stadt Windsheim kaufen wollte, über die difficulteten und beschwerden klagen, die ihm der Rat in dieser Angelegenheit mache (Verhältnis 85). Unser Burkard hatte nach Auskunft der Quellen offenbar keine größeren „difficulteten“ mit den Merkendorfern. Er selbst ist für den Historiker auch nicht auffällig, weder im positiven, geschweige im negativen, wie sein Vetter Sebastian von Seckendorff-Nold, den die Nürnberger 1512 wegen freilich im einzelnen nicht genannter Plackereien einen Kopf kürzer machten: So ihr nicht einen streich haltet, so müsst ihr mehr streich halten, sprach der Scharfrichter, als der Seckendorff – naturgemäß, war es doch ein Debüt - unruhig war und immer wieder nach dem Wald sah, ob von dort nicht Rettung käme. „Da spie er aus, kniete nieder und wurd enthaupt“. Ende eines Adelslebens. Eine Ausnahme, die uns heute aber doch mehr interessiert, als das normale Leben eines Durchschnitts-Adeligen. Seckendorff, das weitverzweigteste Ritteradelsgeschlecht Frankens hatte viele Ausnahmen zu bieten, auch noch nach dem Erlöschen der meisten Linien im 16. Jh. Wir können in jedem Jahrhundert einen herausragenden Güterverwalter, Verwaltungsmann oder Militär ausmachen. So nenne ich noch für das 15. Jh.: Konrad v. Seckendorff-Ullstadt (1416, 1467†); Hofmeister der Ehefrau Anna des Albrecht Achilles, Hofrichter Herzog Ludwig d. J. von Bayern-Ingolstadt. Für das 16. Jh. überragt Hans v. Seckendorff-Aberdar (1473, 1535†), Inhaber von Sugenheim, Kreßberg und Möhren, markgräfl. Amtmann, Hofmarschall und Statthalter (1522, auch wegen „gebrechlichkeit“ davon nicht befreit; Förderer der Reformation auf dem Reichstag 1530 in Augsburg), alle seine Vettern und die meisten seiner Standesgenossen. Im 17. Jh. erregte die Enthauptung des 1591 geborenen Joachim Ludwig v. Seckendorff-Gutend am 2. Feb. 1642 auf dem Marktplatz in Salzwedel durch die Schweden wegen Hochverrats Aufsehen (was die Zahlung einer Rente in Salzwedel durch Stockholm an die Witwe nicht verhinderte). Zu größerer Bedeutung gelangte aber dessen 1626 in Herzogenaurach geborener Sohn Veit Ludwig. Ein durch Tüchtigkeit wie Fürstenpatronage zu hohen Ämtern gekommener sowie ein frommer, aber nicht pietistischer Staatsrechtsgelehrter und Verwaltungsfachmann. Er bietet auch ein schönes Beispiel für adeligen Familiensinn – was als Patronagesystem freilich nur unzulänglich beschrieben ist. So förderte er seine Brüder Heinrich Gottlob (*1637, †1675) und Hans Quirin (*1635, †1695) - letzteren freilich vergebens, der unstete und nicht ohne Grund als „Saufaus“ bezeichnete Bruder, nachdem Veit Ludwig sogar fahnden ließ, wird im Hafen von Rotterdam verschwinden - und seine Neffen Ernst Ludwig (*1672, †1741) und Friedrich Heinrich (*1674, †1763). Letzterer, dem Bruno Kuntke eine hervorragend recherchierte und formulierte Biographie gewidmet hat, wird in enger Anlehnung an den Prinzen Eugen und die Kaiser Karl VI. und Karl VII. (von Wittelsbach) einer der führenden Diplomaten und Militärs des Reiches sein. Er wiederum förderte seinen jungen Neffen Christoph Ludwig v. Seckendorff-Aberdar (*1709, †1781), den Sohn seiner Schwester, der nach dem Weggang aus Berlin 1737 zu einem der beherrschenden Minister am Ansbacher Hof aufsteigen sollte und – als Dank für den Abschluss des Pactum Friedericianum, welches 1752 die Erbfolge zwischen den fränkischen Zollern und der Kurlinie regelte und Grundlage für den Griff Preußens nach Franken 1792 legte – 1753 einen eigenen Hochgerichtsbezirk für Obernzenn erhielt. Christoph Ludwig und sein Onkel Christoph Friedrich v. Seckendorff-Aberdar (*1679, †1759), seit 1714 Mitglied des Geheimen Ratskollegiums, 1721 Vorsitzender aller Geheimer Kollegien und 1735 vorderster Geheimer Minister, bestimmten für eine Generation maßgeblich die brandenburg-ansbachische Politik. „Serenissimus hat Einsicht in affairen, in politicis macht er, was man ihm sagt“ – diese Bemerkung des Christoph Friedrich steht für das Selbstbewusstsein des adeligen Ministers ebenso wie das des fränkischen Reichsritters. Wer Erfolg hat, der hatte und hat Neider: Der kleine Hans, der Vize-Markgraf, so titulierte ihn die wenig gewogene Ehefrau Christiane Sophie des preußischen Ministers plenipotentaire in Franken, Ernst Ludwig. Nicht verschweigen wollen wir auch Intellektuelle und Künstler wie Leopold Franz Karl aus der Linie Aberdar (*1775, †1809), der als Schriftsteller und Freiheitskämpfer 1809 bei Ebelsberg an der Traun in einer von den Franzosen angezündeten Scheune verbrannte, oder Sigmund v. Seckendorff-Aberdar, Vertoner von Goethe-Balladen („Der Taucher“, „Es war ein König in Thule“) nicht vergessen. Und so ist es fast, um die Zahl der Neider begrenzt zu halten, ein Glücksfall, dass es auch Seckendorff gab, die wir zu den – nach allgemeiner bürgerlicher Sicht – weniger erfolgreichen zählen können; Sebastian und Hans Quirin wurden ja schon genannt. Zuweilen verbergen sich hinter solchen Fällen sicherlich auch menschliche Tragödien: So etwa 1388, als sich Margarete, die Witwe des Apel v. Seckendorff-Pfaff zu Rödelsee, vor dem Landgericht Würzburg wehrte, am Tod ihres Ehemann schuldig zu sein. Hans v. Seckendorff-Pfaff, gen. Brenk, klagt 1493 gegen seinen Vetter Apel, der uns als erfolgreicher Besitzpolitiker begegnet, dieser habe ihm um sein Erbe betrogen und er habe deswegen „nynnder kein hausgewens gehabt, sonder also in dem land umgeschaist“. 1582 X 5 tötet Arnold Wiglas seine Ehefrau Katharina, geb. v. Redwitz, mit einem Musketenschuss durch die Tür im Turmzimmer des Bergfrieds zu Obernzenn. Als Entschuldigung bringt er vor, sie habe ihn mit einem Sauspieß verfolgt und habe in Notwehr gehandelt. Arnold Wiglas dient nach der Auseinandersetzung mit den Brüdern und Verwandten der Getöteten mit zwei Pferden in der ungarischen Grenzfestung St. Andre bei Caschau gegen die Türken und wird 1587 VIII 31 in Bamberg wieder zur Landeshuldigung zugelassen. Vorm Kaiserlichen Landgericht Nürnberg wird er 1587 IX 1 mit 1500 fl rh Geldbuße belegt, wobei der Bamberger Fürstbf. Ernst v. Mengersdorf bittet, die Strafe wegen der unmündigen Kinder zu erlassen. Weniger gefährlich gestalteten sich die Aktivitäten des Ernst Friedr. Christoph v. Seckendorff-Aberdar (*1740, †1816), der wohl unter den folgen mehrerer Verwundungen, die bis in den Siebenjährigen Krieg zurückreichten, gelitten hat. Er lehnte alle Kontakte zur Familie ab und lebte 1815 schon etliche Zeit unter dem Namen Joh. Schön in etlichen Gasthäusern zu Wöhrd bei Nürnberg. Seine Zechen machte er freilich unter dem Namen Seckendorff – konnte doch davon ausgehen, die Familie würde dies um der Ehre willen tilgen. Allerdings erklärte diese öffentlich, nicht mehr für die Schulden aufkommen zu wollen: Alle unsere Vorurteile gegen Adel und Geistlichkeit bestätigen sich aber am Bamberger Domherrn Johann Gottfried v. Seckendorff-Gutend (†1604), der selbst zwar aus der Beziehung mit Kunigunde Zehlin sechs Töchter hatte, aber die Tochter Magdalena enterbte, da diese mit einem Geistlichen zwei Kinder hatte: Sonder ferner wahr, dass ermelter H. [Joh. Gottfried] von Seckendorff articulierte, Magdelena, sein dochter, niemermehr bey seiner lebzeitten für sein Angesicht kommen lassen. Ebenso sollte sie nichts auß seiner Verlaßenschafft von ihm haben oder bekommen.
Warum interessiert die Familie Seckendorff noch heute? Wegen der erfolgreichen Mitglieder oder mehr wegen derjenigen, die uns vor Augen führen, dass es auch in besseren Kreisen menschelte? Der Blick durch das Schlüsselloch der Mächtigen also… Vielleicht mag es zuweilen so sein, unsere Yellow Press lebt ja wohl ganz gut von den Ernst August von Hannover oder den englischen Prinzen und deren Entourage. Warum der fränkische Adel, hier der Ritteradel, den Historiker interessiert, liegt freilich an anderem. Die alte Militär- und Verwaltungselite hat die fränkische Geschichte mitgestaltet, wie wir daran nicht zuletzt sehen, mit welchen Mechanismen sich Eliten so lange behaupten konnten (wobei es sicher keine Neuigkeit ist, dass dies u. a. daran lag, dass sie immer wieder Aufsteiger zuließen und einbanden). Nach dem Verlust der Reichsunmittelbarkeit zu Beginn des 19. Jhs. konnte sich der Adel behaupten indem er neben seiner Standesqualität seine landsmannschaftliche Komponente entdeckte und die Treue zum Reich auf den neuen Staat übertrug, der freilich ein gleiches Elitenbild pflegte wie der alte. Die sich verändernden ökonomischen und politischen Bedingungen der Industriegesellschaft, der Verlust der dominierenden Stellung von Land- und Forstwirtschaft und das Vordringen des Bürgertums in die Führungspositionen (welches freilich sehr oft noch mit Nobilitierung verbunden war), die nunmehr primär dem akademisch geschulten Wirtschafts- oder Politprofi – der zuweilen freilich das alte Standesprivileg durch die Ochsentour – durch die Parteihierarchie ersetzt hatte und ersetzt – zukamen, was auch eine kommunistische oder völkische Revolution auf längere Sicht nicht verhindern konnte, wird im 20. Jh. die Position des Adels verändern, wofür mit 1918 eine zwar für die deutsche Geschichte markante, für diese Veränderung aber relativ zufällige Jahreszahl steht. Aber das ist schon wieder ein anderes Thema.
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