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Die markgräfliche Sommerresidenz Triesdorf

Dr. Ernst Eichhorn, Bezirksheimatpfleger (Triesdorfer Heft „Null-Nummer“; 1981)


Geschichte und Bedeutung

Wer die ehemalige Markgrafenresidenz Ansbach südwärts durch die Triesdorfer Straße, vorbei an den Resten der alten Allee, verläßt, wird schon hier des engen Zusammenhanges zwischen Stadtresidenz und ländlicher Hofhaltung in Triesdorf gewahr. Daß den markgräflichen Landesherren an einer guten Verbindung zwischen den beiden repräsentativen Schwerpunkten gelegen war, verdeutlicht eine „auf hochfürstlichen Cammerbefehl“ des Markgrafen Carl Friedrich Alexander (der unter französischem Einfluß den Ausbau des Ansbacher Straßenwesens entscheidend förderte) im Dezember 1766 von dem Ingenieur-Capitän und Landfeldmesser Christian Ludwig Vetter „in seinem geometrischen Grundriß über den Fahrweg von der Hohen Fichte bis an den Tiergarten von Triesdorf“ gefertigte Straßenkarte. Sie zeigt drei Varianten: Erstens die alte Straße von der Hohen Fichte, vorbei am Nehendorfer Gemeindeweiher über Leidendorf (Länge 1904 Ruten), eine zweite kürzere Variante von der Hohen Fichte über Leidendorf (Länge 1662 Ruten) und die geradlinige Markgrafenstraße (1628 Ruten). Man braucht kaum zu erwähnen, daß schließlich aus Sparsamkeitsgründen für die „diritissima“ als kürzeste Strecke entschieden wurde. Eine solche Problematik berührt höchst aktuell, sie könnte unter gleichen Aspekten in unserer Zeit zur Debatte stehen. Die doppelte Betrachtungsweise von Geschichte und Gegenwart und ihre Verflechtung bietet sich in besonderem Maß für Triesdorf an, dessen kulturgeschichtliche Entwicklung in vieler Hinsicht die Voraussetzungen für seine heutige Bedeutung als landwirtschaftliche Lehranstalt geschaffen hat. Triesdorf, das schon 1282 als Seckendorffscher Besitz genannt wird, teilweise aber auch dem Kloster Heilsbronn zugehörte, geriet Zug um Zug in die Abhängigkeit des Markgrafen von Ansbach, der nach der Einführung der Reformation nicht nur die Klostergüter inkorporierte, sondern schließlich im Jahr 1600 auch das Triesdorfer Schloßgut mit allen Liegenschaften von Wolf Balthasar von Seckendorff für etwa 33.000 fl enggültig erwarb. Die Markgrafen hatten offenbar gezielte Vorstellungen über die neue Funktion von Triesdorf: Es sollte als „Vorwerk und Lustgebäu“ eingerichtet werden.

Bereits um 1615 liegen die Anfänge eines Reiherhauses und einer umfangreichen Fasanerie, deren Ausbau und Erhaltung bis in späte 18. Jahrhundert beibehalten wurden. 1621/22 läßt der Markgraf den alten Ort Triesdorf mit sechzehn Bauernhöfen niederreißen. Doch der Ausgriff des Dreißigjährigen Krieges hemmte zunächst alle weiteren Pläne. Bereits 1654, als kurz nach Kriegsende, wird ein neuer Tiergarten angelegt, 1662 als alte Seckendorffschloß samt Turm repariert. Im Jahr der Französischen Revolution (1789) erfolgte der teilweise Abbruch dieses alten Schlosses, einer spätmittelalterlichen Wasserburg, von der sich lediglich das ehemalige Torhaus samt einigen Anbauten erhalten hat.

Die alte Seckendorffburg konnte auf die Dauer den wachsenden Ansprüchen eines fürstlichen Hoflagers nicht genügen. Unter Markgraf Johann Friedrich (1667 bis 1686) setzt der Ausbau einer standesgemäßen Sommerresidenz ein. 1682 wird inmitten des Tiergartens des „Alten Schlosses“, später „Weißes Schloß“ genannt, begonnen. Der von Markgraf Georg Friedrich (1686 bis 1703) und seinen Nachfolgern durch Ergänzungsbauten erweiterte Gemengebau zieht sich bis ins späte 18. Jahrhundert hin. Bestimmend bleibt jedoch der möglicherweise von Johann Stierner begonnene Hauptflügel mit überragendem, durch ein Mansardendach gekennzeichnetem Treppenhausturm, eine freundliche, doch altertümlich wirkende Architekturlösung. Vom gleichzeitigen ständigen Ausbau des Tiergartens, der um 1700 unter anderem Bären und exotische Tiere wie Löwen, Strauße usw. beherbergte, wissen wir nur noch durch die Überlieferung.

Die angebliche Mitwirkung Leonhard Dientzenhofers seit 1695 entbehrt jedes urkundlichen wie stilistischen Beweises. Der damals durch den Bau der Bamberger Residenz und beratende Tätigkeit in Bayreuth voll ausgelastete Schönbornsche Hofbaumeister hätte sich kaum mit einer solch sekundären Aufgabe befaßt. Außerdem macht die um diese Zeit in Ansbach und Triesdorf bereits einsetzende Wirksamkeit Gabrielis seine Beteiligung unwahrscheinlich. Die wesentliche Bedeutung des Weißen Schlosses beruht auf den üppigen Stuckdekorationen der Innenräume. Die streng geometrische Komposition ohne fließende Übergänge, eine gewisse Befangenheit in der Ausführung sowie der weitgehende Verzicht auf figurale Motive lassen an einen einheimischen Meister denken, dessen italienische Schulung noch erkennbar ist. Der verantwortliche Stukkateur dürfte höchstwahrscheinlich der „gewesene eichstättische Bildhauer“ Johann Ammon sein; er stamme aus einer österreichischen Exulantenfamilie. Sonst hat sich – abgesehen von einigen Kaminen – von der ehemaligen Ausstattung des Weißen Schlosses nichts Wesentliches erhalten; sie wurde nach der Säkularisation im frühen 19. Jahrhundert in alle Winde zerstreut. Heute befindet sich in diesem Gebäude die Fachakademie; der moderne Anbau mit flachgeneigtem Walmdach fügt sich sehr geschickt dem historischen Komplex ein.

Noch unter Markgraf Georg Friedrich verstärkt sich der Einfluß der niederländischen Gartenkunst. Sicher war ihr Aufkommen nicht nur Ausdruck eines Zeitgeschmacks, sondern auch durch die damaligen dynastischen Verbindungen zwischen Preußen und dem Haus Oranien begünstigt.

An der Straßenkreuzung nach Gunzenhausen, in nächster Nähe der Meierei, entstehen inmitten der Sommerresidenz vier miteinander korrespondierende „holländische Häuslein“ als Logis der Hofkavaliere. Das ursprünglich offenliegende, von weißen Lisenen gerahmte Ziegelmauerwerk, das später unter leuchtendrotem Verputz lag, sollte – wie beim späteren „Roten Schloß“ - den angestrebten holländischen Eindruck betonen, eine Absicht die durch die jetzige falsche weiß-rote Restaurierung leider verunklärt wurde. Freilich, die Eleganz der gut proportionierten Würfelbauten mit pittoresk geschnittenen Barockdächern, durch doppelläufige Fronttreppen aufgelockert, verleugnet nicht die Handschrift des neuen Ansbacher Baudirektors Gabriel de Gabrieli, vom dem die Entwürfe mit Sicherheit stammen. Die wienerisch beschwingte Grandezza der pavillonartigen Kavaliershäuschen hebt sich allerdings merklich gegen die kühlere Rationalität des angestrebten Gartenideals ab. Trifft die überlieferte Entstehungszeit 1695 bis 1697 zu, so würde es das früheste Beispiel eines gebrochenen Mansardendach im Fürstentum Ansbach sein und zugleich ein Parallelfach zu geschmeidigen Bau des Ansbacher Prinzenschlößchens.

Im Zusammenhang mit dem Tiergarten und mit dem angestrebten holländischen Landschaftscharakter erfolgte westlich des Weißen Schlosses (zwischen 1701 und 1704 bzw, 1715 und 1719) die Anlage der vier Kreuzweiher. Das „Weiherquadrat“ wird von Dammwegen durchschnitten. Auf der Nordsüdachse verlief bis vor kurzem die Bundesstaße 13 von Ansbach nach Gunzenhausen.

Eine Generation später, unter Markgraf Carl Wilhelm Friedrich, dem „Wilden Markgrafen“ (1729 bis 1757), vollzieht sich die entscheidende Wandlung Triesdorfs zur markgräflichen „Jagdresidenz“. Der junge Markgraf, vor allem der Falkenjagd verfallen, unterhielt die größte Falknerei im Reich, für die allein 50 Personen, darunter viele Niederländer als Spezialisten sowie 200 Mann „Forstpersonal“ und drei Falkenmaler beschäftigt waren. Der Markgraf selbst rühmte sich, im Lauf seines Lebens über 35000 Stück Wild, ungerechnet die Parforcejagd, „gebeizt“ zu haben. Die wasserreiche Umgebung mit zahllosen Wasservögeln und wildreiche Wälder boten günstige Voraussetzungen für die markgräflichen Passionen. Falkenjagd ist schon seit der Stauferzeit bekannt (vgl. das „Buch über die Falknerei“ Friedrichs II.).

Die Unterbringung seiner umfangreichen Falkenmeisterei war der Anlaß für die Errichtung des „Neuen Schlosses“ an der Straße nach Weidenbach. Es war ursprünglich nur als als „Falkenhaus“ bestimmt; von dieser Bestimmung kündet bis heute die Wetterfahne mit dem roten Falken. Die Bauausführung erfolgte – immer noch in erkennbarer Neigung zu den rationalen holländischen Vorbildern – als Rohziegelbau mit heller Hausteinrahmung. So war der Entwerfer des 1730 bis 1732 ausgeführten Baues, Carl Friedrich von Zocha, genötigt, von seiner sonstigen Neigung zur französischen Klassizität abzugehen. Als er 1732 zurücktrat. Folgte ihm der aus Stuttgart berufene Leopoldo Retti. Der gut proportionierte Gesamtbau erhielt – wie das Weiße Schloß – seine bestimmende Note durch einen vorspringenden Treppenturm, der diesmal als Polygon gestaltet war. Im Inneren führt eine doppelläufige geschwungene Treppe zum Obergeschoß, wo ab 1758 der letzte Markgraf Alexander nach Verlegung der Falknerei seinen fürstlichen Wohnsitz einrichtete. An den Umbauten war Johann David Steingruber beteiligt. Unter Alexander erfolgte die seinerzeit weitberühmte Ausstattung mit Stuck, Malereien, Kaminen und Möbeln des Fürsten. Zwei eingeschossige Trakte an der Rückseite des Corps de logis umschließen den ehemaligen „Lustgarten“. Der verlängerte schmalrechteckige Garten weist heute noch an der Nordostecke des Mauer ein nach dem letzten Krieg restauriertes zierliches „Belvedere“ auf. Triesdorf, das im 18. Jahrhundert rasch an Berühmtheit gewann, hatte mehrfach vornehmen Besuch zu verzeichnen. Um 1730 stattete Friedrich der Große [als Kronprinz] mit seinem Vater, dem Soldatenkönig, dem markgräflichen Schwager eine Visite ab.

Mußte sich Leopoldo Retti beim „Falkenhaus“ auf die Ausführung abgeschlossener Pläne beschränken, so hatte er bei der Errichtung des Reithauses freie Hand. Hemmend wirkte sich allerdings der am Markgrafenhof chronische finanzielle Engpaß aus; ihm war schon Rettis großartiger, aber viel zu kostspieliger Gartenplan von 1734 zum Opfer gefallen. Auch der Bau des Reithauses kam nur schleppend voran und zog sich mit Unterbrechungen von 1744 bis 1746 hin. Ungeachtet der durch Geldmangel bedingten Zurückhaltung im Dekorativen, entstand en wohlproportionierter markanter Putzbau mit mächtigem Dachstuhl, dessen Hängewerk technikgeschichtlich große Beachtung verdient. Dem Geschick Johann David Steingrubers ist die Einbeziehung der mächtigen Giebelfassade im Osten (in der sich auch die Markgrafenloge befand) in die Dachzone durch kunstvolle Abwalmung und ohne Beeinträchtigung der Monumentalität des 55 mal 17 Meter umfassenden Baues zu verdanken. Auch vom Typus her verdient dieses Bauwerk Interesse, handelt es sich doch nach dem ehemaligen Abbruch des Ansbacher Reithauses (an dessen Stelle heute das Haus der Volksbildung steht [Kultur am Schloss, Theater Ansbach]) um die einzige erhaltene historische Reithalle in Mittelfranken.

Unter dem letzten Markgrafen Carl Friedrich Alexander [Christian Friedrich Carl Alexander] (1757 bis 1791) erfuhr die Vieh- und Pferdezucht besondere Förderung. 1762 bis 1763 wurde deshalb nach Entwürfen Johann David Steingrubers im Anschluss an die Meierei ein neuer Marstall errichtet. Künstlerisch am eindruckvollsten präsentiert sich die Hoffassade mit üppigem plastischen Dekor, einem für Triesdorfer Verhältnisse ungewöhnlichem Aufwand. Das profilierte Giebeldreieck über dem dreiachsigen Mittelrisalit haben die Stukkatoren Franz Oeder aus Würzburg und Andreas Vogel aus Bamberg geschaffen: zwei tänzelnd bewegte Pferde flankieren die Markgrafenwappenkartusche. Die Mauernischen zu beiden Seiten des Eingangs wurden vom Bildhauer Christoph Berg mit delphinreitenden Tritonen ausgestattet. Die ziemlich mitgenommenen Skulpturen bedurften dringend der Restaurierung. An den Marstall schließt nördlich im rechten Winkel die ehemalige Stallmeisterei, ein erdgeschossiger Putzbau mit Schopfwalmdach, an. Sie ist durch einen stuckierten Pferdekopf über dem Hausteinportal gekennzeichnet.

Carl Friedrich Alexander liebte noch mehr als die Falkenbeize die Parforcejagd. Der hierfür benötigte personelle Aufwand führte schon 1759/60 zur Errichtung des Jägerhauses nach Rissen Johann David Steingrubers. Der fünfachsige Bau gewinnt seine besondere Note durch ein gefälliges Krüppelwalmdach. Dahinter, an der Tiergartenmauer, wurden die Hundezwinger angelegt. Für die heutigen Landwirtschaftlichen Lehranstalten besitzt das ehemalige Jägerhaus als Anfangsdomizil der Ackerbauschule von 1847 Bedeutung; sie wurde 1865 in ein erweiterte Meierei verlegt.

In seiner baulichen Erscheinung wirkt das (alte) Forstamt mit dem Jägerhaus verwandt. Es wurde 1772 ebenfalls nach Plänen Johann David Steingrubers für den Triesdorfer Wildmeister erbaut. Der zurückhaltend gestaltete zweigeschossige Putzbau gewinnt vor allem durch sein guten Proportionen und das Krüppelwalmdach.

Im gleichen Jahr 1772 errichtet Johann David Steingruber im östlichen Teil der Sommerresidenz neben dem Küchengarten von 1723 das Hofgartenhaus. Das langgestreckte Gebäude ordnet die ausgreifenden Flügelbauten für Orangerie und Stallungen dem herausgehobenen zweigeschossigen Mittelbau unter. Der Portalgiebelbau, wie die anschließenden Trakte durch die typisch ansbachischen rustizierten Lisenen abgesetzt, weist eine doppelläufige Freitreppe mit Kunstschmiedegitter und mit den Initialen des Markgrafen Carl Friedrich Alexander auf.

Außerhalb des zentralen Sommerresidenzbereiches, und deshalb vielleicht häufig unterbewertet, befinden sich zwei Sonderbauten, die als rahmende Architektur an der Peripherie der Gesamtanlage wichtige Ordnungselemente für das gesamte Ensemble der „Sommerresidenz“ Triesdorf darstellen:

Die nördliche Begrenzung des Residenzkernes bildet die östlich der Allee gelegene Menagerie. Zusammen mit der umgebenden Baumgruppe bildet sie einen Fixpunkt am Übergang von der Bau- zur Landschaftszone. Die Anlage einer Menagerie als Gehege für wilde Tiere war schon im späten 17. Jahrhundert beschlossen. Der zweigeschossige Neubau von 1739/40, gegliedert in fünf Front- und zwei Seitenachsen, gewinnt seine Wirkung aus der geschickten Proportionierung und dem eindrucksvollen kräftigen Walmdach mit Dachgaupen. Ein Riß von J. Franz Kneulein von 1761 zeigt Riegelbauweise, die unter dem heutigen Verputz verschwunden ist. Der Abbruch der Nebenflügel um 1850, des westlichen Baumagazins und der Hofwäscherei, hat die eindrucksvollste Betonung der Randzone gegen die Ansbacher Straße zwar vermindert, aber keineswegs aufgehoben. Durch die Anbindung an die benachbarten Kreuzweiher ergibt sich zugleich ein Bezug auf den Komplex des Weißen Schlosses. Ein in früheren Jahren mehrfach erwogener Abbruch wäre mit Rücksicht auf das Bauensemble selbst auf wirtschaftlichen Überlegungen nicht diskutabel.

Einen wichtigen Akzent innerhalb der westlichen Begrenzung von Triesdorf stellt das ehemalige Arzthaus dar, das zuletzt von Dr. Schöpf, dem Leibarzt von Carl Friedrich Alexander bewohnt wurde. Es ist ein Musterbeispiel dafür, daß auch ein an sich unauffälliges Gebäude übers seinen künstlerischen Wert hinaus im Ensemble eine bedeutende Funktion ausüben kann. Nach Abtragung des belanglosen, baulich entbehrlichen Nordflügels beruht seine bauliche Wirkung allein auf dem herausragenden zweigeschossigen Mittelbau mit Fachwerkobergeschoß und Walmdach.

Ebenfalls eine mehr rahmende Rolle, wenn auch ohne Einfügung in die Randzone, erfüllt der ehemalige Meiereistadel. Die im Südgiebel mit 1789 bezeichnete Fachwerkscheune mit Schopfwalmdach und Fachwerkgiebel übt im Landschaftsbild eine starke Wirkung aus.

In die letzte Phase der Wirksamkeit des Markgrafen Alexander gehört die eigenartige von einem unbekannt gebliebenen Architekten erbaute Villa Sandrina, die als Geschenk an die Favoritin Lady Craven bestimmt war. Die als italienisches Casino interpretierte Villa, im Anklang an Alexander auch „Alessandrina“ genannt, wechselte bereits in den Anfangsjahren mehrmals Namen und Bestimmung, nachdem sich die kapriziöse Lady weigerte, den ihr altmodisch erscheinenden Bau zu bewohnen; so wird der Neubau noch 1787 als „Hotel d’Alexandre“ endgültig zum Gästehaus des Markgrafen. Der eingeschossige Langbau, überhöht durch einen zweigeschossigen Mittelbau mit Zwerchhaus und Attikabalustrade, stellt ein interessantes Beispiel des Rokokoklassizismus dar. Das zunächst nicht mit einem Satteldach überdeckte Belvedere mag als Jagdpavillon für eine ähnliche Funktion vorgesehen gewesen sein wie die zentrale Jagdbühne auf der Amalienburg in Nymphenburg. Der im benachbarten Garten errichtete Pavillon, ursprünglich auch ohne das heutige Satteldach, stellt als klassizistisches Monument ein Unikum innerhalb der europäischen Architektur dar. Die Villa Sandrina, merkwürdig und interessant zugleich, ist typisch für die durch Carl Friedrich Alexander angebahnte Verfeinerung des Hoflebens in Triesdorf des Hoflebens in Triesdorf und ebenso bezeichnend für den Zeitgeschmack der vorrevolutionären Epoche von 1789. Ein besonderes Anliegen ist die Erhaltung des Baues, umso mehr, als die Schöpfungen aus der Zeit der Lady Craven nach der Abdankung Alexanders (1791) und dem Wegzug der beiden nach England der Vernichtung anheimfielen. Bald darauf diente das Haus dem geflohenen Oberst Gaston, der 1792 als Befehlshaber die Feste Longwy an Preußen übergeben hatte, als Zuflucht; seit wurde das Gebäude „Gastonhaus“ genannt.

Vor allem im 18. und 19. Jahrhundert sind viele Bauten und Einrichtungen der Triesdorfer Sommerresidenz verschwunden, darunter die im letzten Jahrhundert der „Wilden Markgrafen“ erbauten sogenannte drei Passagen. Als „Beizhäuser“ stellten sie gleichsam Dependencen des „Falkenhauses“ dar. Ihr Aussehen ist uns durch Zeichnungen des Entwerfers Johann David Steingruber bekannt.

Die rasche Beseitigung der Passagen bis 1765 ergibt sich aus Alexanders Vorliebe für die Parforcejagd, während er der Falknerei und Reiherbeize nur wenig Verständnis entgegenbrachte. Die für Repräsentationszwecke benötigte Paradetruppe bedurfte einer neuen Infanteriekaserne; sie wurde 1788 neben dem Reithaus aufgeführt. Für diesen Neubau zeichnete Bauinspektor Jacob Atzel verantwortlich; die Ausführung bis 1790 mußte der Architekt den Abbruch seines Baues beantragen, da er „gegen das Reithaus hin schon stark aus dem Senkel gewichen ist“.

Zu den interessantesten, aber auch kurzlebigsten Erscheinungen im Triesdorfer Gesamtbild zählen die Bauten, die durch die emanzipierte Lady Craven veranlaßt worden waren. Ihre seit 1787 einsetzende teilweise Umgestaltung des Triesdorfer Barockparkes in einen englischen Landschaftsgarten muß damals als revolutionierende Modernität empfunden worden sein. Mit der Beseitigung ihrer Neubauten seit 1793 sollte zugleich jede Erinnerung an die verhaßte Britin ausgelöscht werden.

Ein um 1620 als Meierei eingerichteter Bauernhof wurde 1795 durch die neue Meierei abgelöst, deren Nord- und Südflügel Baudirektor Johann Paul Bischoff als zweigeschossige Putzbauten mit gefugten Lisenen errichtete. Diese Trakte fallen bereits in die preußische Epoche (1792 bis 1806) unter Hardenberg. Erst 1865 entstand durch einen östlichen Verbindungstrakt an Stelle der breiten Einfahrt in den Meiereihof die heutige Triklinenanlage. Die Meierei war zunächst nur als Versorgungsbasis der ländlichen Hofhaltung bestimmt; später ergaben sich aus der planvollen Einrichtung der markgräflichen Ökonomie günstige Voraussetzungen für eine Ackerbauschule und die heutigen Landwirtschaftlichen Lehranstalten.

Ab 1723 ließ die agile Christiane Charlotte (gestorben 1729), Witwe des Markgrafen Wilhelm Friedrich, das weitläufige Tiergartengelände zum Schutz gegen eindringendes Jagdwild mit einer Backsteinmauer an Stelle eines Holzzaunes umgeben. Der Ausbau dieser „Roten Mauer“, der sich vierzehn Jahre hinzog, führte zum Einbau von fünf Toren samt Torhäuschen. Eine Rundfahrt um die „Rote Mauer“, die schon Goethes Aufmerksamkeit im Jahr 1797 erweckt hatte, dauerte etwa zweieinviertel Stunden. Innerhalb dieses Mauerrings waren einzelne Wohnanlagen (zum Beispiel das „Rote Schloss“, die Villa Sandrina, die Hofgärtnerwohnung) wiederum mit Backsteinmauern umgeben zum Schutz gegen das Wild des Tiergartens, der zu seiner Blütezeit ein der ansehnlichsten Anlagen dieser Art in ganz Deutschland darstellte. Die den Tiergarten durchkreuzenden Alleen bildeten den Hauptbaumbestand des weitläufigen Schlossareals; den schon frühzeitig hatte eine systematische Baumpflege begonnen. Wir hören über die Anlage von Lindenalleen unter Markgraf Wilhelm Friedrich (1703 bis 1723), vor allem im Bereich der Kreuzweiher. In dieser Zeit dürfte auch die berühmte Platanenallee an der Straße nach Gunzenhausen angelegt worden sein, als Naturdenkmal eine einzigartige Dokumentation in Süddeutschland. Wie auch die übrigen Alleen stellt sie nicht nur einen integrierenden Bestandteil der Architekturlandschaft dar, sondern auch ein die Funktion der Straßen betonendes Ordnungselement. Gerade die erbarmungslose Dezimierung des Baumbestandes längs der Straße Ornbau bis Wannenmühle hat teilweise zu einer „Kastration der Landschaft“ geführt. Mit besonderer Sorgfalt muß deshalb die Erhaltung des Reststückes bis Triesdorf bzw. die Prüfung neuer Verwendungsmöglichkeiten für stillgelegte Teile der Straße bedacht werden. Die funktionelle Wirkung der Allee verdeutlicht besonders die Ansbacher Straße, die von Norden her, an der Menagerie vorbei, ins Herz der landschaftsbezogenen Sommerresidenz führt.

In unmittelbarem Zusammenhang mit Triesdorf steht die angrenzende Nachbargemeinde Weidenbach. Unter dem Protektorat des „Wilden Markgrafen“ erfolgte 1735/36 außerhalb der „sinnenfrohen Gartenschöpfung“ der Bau einer neuen evangelischen Dorfkirche. Sie diente zugleich als Hofkirche für den Markgrafen, sein Gefolge und seine oft illustren Gäste. Diese nach Bauform, Herrschaftsanspruch und Raumgestaltung wohl bedeutendste künstlerische Einzelschöpfung des „Ensemble Triesdorf“ ist Leopoldo Rettis Werk.

Dem letzten Markgrafen Alexander wird der Ausbau von Triesdorf als Parklandschaft verdankt. Gelegentlich strahlte Triesdorf in die engere Nachbarschaft aus. Als der 1789 nach der Französischen Revolution in Triesdorf als Emigrant aufgenommene französische Marschall und Lustspieldichter Franciscus de Bièvre ein Jahr später an den Schwarzen Blattern starb, mußte er, wie später auch einige Offiziere seines Gefolges, im benachbarten eichstättischen Ornbau auf dem dortigen Friedhof (als Katholik) beerdigt werden. Das exotisch anmutende Gruftgrab des de Bièvre in Pyramidenform verrät Tendenzen, wie sie ähnlich durch den Feldzug Napoleons I. nach Ägypten ausgelöst wurden.

Triesdorf besitzt als kulturhistorisches Zeugnis eine vielschichtige Bedeutung. Als Sommerresidenz gehört es ebenso untrennbar zu Ansbach wie Seehof zu Bamberg, Veitshöchheim zu Würzburg oder die Eremitage zu Bayreuth. Als Spiegelbild der Kunstbestrebungen am markgräflichen Hof in Ansbach reflektiert es die dortige Bau- und Kunstgeschichte. Triesdorfs Sondercharakter beruht speziell auf seiner Einrichtung als Tiergarten und Jagdresidenz, allgemein auf seinem ungewöhnlichen ländlichen Einschlag. Weniger das einzelne Bauwerk als der Zusammenklang von Bauwerk und Landschaft tritt in Erscheinung; so entsteht gewissermaßen der Eindruck einer „Rustikalresidenz“. Triesdorf konnte geradezu als Modellfall für das Generalthema des von der UNESCO initiierten Europäischen Denkmalschutzjahres 1975 „Bauwerk und Landschaft“ bezeichnet werden. Die Symbiose der beiden Komponenten Bauwerk und Landschaft ist zugleich ein Musterbeispiel für das neue im Bayerischen Denkmalschutzgesetz verankerten „Ensembledenken“.

Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die landwirtschaftlichen Schulen mit allen ihren Nebeneinrichtungen den Fortbestand der ehemaligen markgräflichen Sommerresidenz Triesdorf garantieren. Ohne diese Funktion wäre ein kulturgeschichtliches Überleben kaum denkbar. Aber Triesdorf ist nicht nur eine Visitenkarte für das Kulturbewußtsein des Bezirks Mittelfranken; die Zukunft dieses landwirtschaftlichen Schwerpunktes in Westmittelfranken erfordert gelegentlich moderne Zubauten. Allerdings – das sei deutlich gesagt – wäre Triesdorf als Experimentierfeld modernistischer Architekturbestrebungen denkbar ungeeignet. Neubauten und Ergänzungen erfordern Behutsamkeit und Einfühlungsvermögen in die besondere Struktur, die als Symbiose von Kultur, Landschaft und Landwirtschaftspflege schon seit den Tagen der Markgrafen verstanden worden ist.

Wer Triesdorfs Wachstum so in seiner Geschichte vorgebildet begreift, der sieht hier in Vergangenheit und Gegenwart keine sich ausschließenden Gegensätze. Auf der Basis der markgräflichen Vorleistungen hat sich Triesdorf zu seiner heutigen Bedeutung als landwirtschaftliche Lehranstalt von Rang entwickelt. Die Verbindung der beiden Komponenten Kultur und Landschaft entspricht teilweise den Sonderaufgaben, die sich der Bezirk Mittelfranken gesetzt hat. Auf dem richtig verstandenen Sinnbezug von Vergangenheit und Gegenwart, Tradition und Fortschritt beruhen nicht zuletzt Ruf und Aufgabe Triesdorfs in der Zukunft: sein Selbstverständnis als neuer Schwerpunkt im vorwiegend agrarischen Westmittelfranken.

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