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Prinzessin Wilhelmine Caroline von Brandenburg-Ansbach
1683-1737
Von Carl-Alexander Mavridis

 

Caroline Princess of Brandenburg - AnsbachAm 2. September 1705 heiratete in Hannover Prinzessin Wilhelmine Caroline von Brandenburg-Ansbach (1683-1737) den Erbprinzen Georg August von Hannover (1683-1760), nachdem sich die beiden in Triesdorf kennen lernten. 1714 wurde Caroline Prinzessin von Wales, 1727 schließlich Kurfürstin von Hannover und gleichzeitig in Personalunion Königin von Großbritannien[1] und Irland. Nach ihr wurden wahrscheinlich die beiden englischen Kolonien in Amerika benannt: North- und South-Carolina. Eine Ansbacherin auf dem Königsthron in London. Wie kam es dazu?

Im Jahr 1689 verabschiedete das englische Parlament ein Gesetz (Bill of Rights and Succession), wonach kein Katholik oder jemand, der mit einem Katholiken verheiratet ist, König von England sein kann. Ein Jahr zuvor, 1688, war bereits der katholische König James/Jakob II. von England geflohen und ließ den Königsstuhl somit unbesetzt. Das Gesetz der Thronfolge (Act of Settlement) aus dem Jahr 1701 übertrug die Königswürde an die nahesten protestantischen Verwandten der damaligen Königsfamilie, der Stuarts, an Sophie, der Witwe des Kurfürsten Ernst August von Hannover und ihre Nachkommen. Sie war die fünfte, jedoch einzige protestantische Tochter von Königin Elizabeth von Böhmen – der wiederum einzigen Tochter von König James/Jakob I. von England.[2]

Bereits während eines Jagdbesuchs Königs Willem/William/Wilhelm III. von England (1650-1702) bei dem Bruder des Kurfürsten von Hannover im Oktober 1698 (Kurfürst Ernst August starb am 2. Februar 1698), Herzog Georg Wilhelm von Celle, im wendländischen Göhrde zwischen Lüneburg und Dannenberg wurde auf Betreiben des Universalgelehrten und „ständigen Beraters“[3] der Kurfürstin Sophie, Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716), die englische Thronfolge diskutiert. Auch sollte sich „für etliche Stunden“ der Kurprinz Georg August zeigen und dem König vorgestellt werden. Leibniz war in der Frage der englischen Thronfolge ein „lebender Motor“[4], wollte also unbedingt dem Haus Hannover den englischen Thron verschaffen. Tatsächlich bestätigte Leibniz sehr viel später in einem „wohl von ihr bestellten“[5] Brief an die Kurprinzessin Wilhelmine Caroline vom 3. Oktober 1714, dass er aus eigenem Antrieb die Herzogin Eleonore, Frau von Georg Wilhelm, bat, mit dem König über die Thronfolge zu sprechen. Denn die Ehe König Wilhelms III. blieb kinderlos (Seine Frau Mary, Tochter von James/Jakob II., starb bereits 1694 im Alter von 32 Jahren.) Ein Jahr später kam es zum Gegenbesuch Georg Wilhelms bei König Wilhelm III. durch eine Jagdreise nach Het Loo bei Apeldoorn in der niederländischen Provinz Gelderland, dem vom Wilhelm III. bevorzugten und von ihm selbst gebauten neuen Jagdsitz.[6] (Wilhelm III. stammte aus dem Hause Oranien-Nassau und war seit 1674 Erbstatthalter der Niederlande.)

Die Kurfürstin Sophie zeigte sich selbst in der englischen Frage zur Thronfolge stets unentschieden, ganz im Gegensatz zu ihrem Schwager Herzog Georg Wilhelm, der ein glühender Verfechter der Thronfolge in Großbritannien war. „Sehr bemerkenswert ist nun, dass Leibniz in den ‚Réflexions’ eine ziemlich handfeste Kritik an der bisherigen nachlässigen Behandlung der Sukzessionsfrage in Hannover laut werden lässt. Es gehe bei dieser Sache doch nicht nur um Ruhm und Vorteil des welfischen Hauses (Hannover), sondern um die protestantische Religion, um das deutsche Reich, ja um das öffentliche Wohl von Europa.“[7]. Der Plan König Wilhelms III. war es – wie übrigens eine große Mehrheit in England – die Thronfolge an der Kurfürstin Sophie und ihrem Sohn Georg Ludwig vorbei direkt zum Erbprinzen Georg August zu lenken.

Deshalb war es notwendig, Georg August mit einer standesgemäßen Protestantin zu verheiraten. (Diese Forderung blieb auch nach dem Tod Wilhelms im Jahr 1702 bestehen. Neue Königin wurde die Schwester seiner verstorbenen Frau, Anne/Anna. Auch sie blieb ohne Erben, da alle ihre 17 Kinder mit Prinz Georg von Dänemark frühzeitig starben.) Die Wahl fiel auf Wilhelmine Caroline von Brandenburg-Ansbach, die ihre Jugend vor allem in Dresden und Berlin verbrachte. Denn nach dem Tod ihrer Mutter Eleonore Erdmuthe Louise von Sachsen-Eisenach 1696 kam sie nach Berlin zur Kurfürstin Sophie Charlotte von Brandenburg, der Tochter von Kurfürstin Sophie von Hannover.

Als Gottfried Wilhelm Leibniz im Herbst 1704 Sophie Charlotte (mittlerweile Königin in Preußen) und ihre Mutter Sophie in Lützenburg bei Berlin, dem späteren Charlottenburg, besuchte, lernte er Wilhelmine Caroline kennen. Leibnitz wurde ihr guter Freund und Lehrer. Bis zu seinem Tod 1716 sollten Leibniz und Caroline eine lebhafte Korrenspndenz betreiben. Bereits im Jahr 1700 gründete Leibniz in Berlin die Preußische Akademie der Wissenschaften und wurde ihr erster Präsident. Die Jahreszahl 1704 ist auch in anderer Hinsicht interessant: Am 13. August 1704 kam es zu einer Entscheidungschlacht im Spanischen Erbfolgekrieg. In der Schlacht von Höchstätt bzw. Blenheim/Blindheim siegte der englischen Oberbefehlshaber John Churchill, der spätere 1. Herzog von Marlborough, mit Prinz Eugen von Savoyen gegen die französich-bayerischen Truppen. Nach dem gewonnenen Feldzug besuchte John Churchill Hannover mit einem Gefolge von 12 Personen im Dezember desselben Jahres.

Von nun an ging es Schlag auf Schlag. Wilhelmine Caroline fuhr zu ihrem Bruder Markgraf Wilhelm Friedrich in ihre alte Heimat ins Fürstentum Ansbach. Im Jahr 1705 schickte Kurfürstin Sophie ihren Enkelsohn, Kurprinz Georg August, wohl zu einer Jagdreise nach Triesdorf, um dort „inkognito“[8] Wilhelmine Caroline zu treffen. Georg August war von Wilhelmine Caroline „hingerissen“[9], kehrte umgehend nach Hannover zurück und ließ Staatsminister von Eltz erneut nach Ansbach reisen, um dort offiziell um die Hand von Wilhelmine Caroline beim Markgrafen anzuhalten. Noch im selben Jahr kam es zur Hochzeit zwischen Wilhelmine Caroline und Georg August. Letzlich wohl arrangiert von Gottfried Wilhelm Leibniz.

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[1] 1707 fusionierten die beiden eigenständigen Königreiche England und Schottland zu Großbritannien (Act of Union). Bereits schon vorher waren England und Schottland eng verbunden. So wurde König James/Jakob VI. von Schottland 1603 gleichzeitig in Personalunion König James/Jakob I. von England. Jakob I. von England (1566-1625) war der erste aus dem Hause Stuart auf dem englischen Königsthron.

[2] Vgl. Eric R. Delderfield, Kings and Queens of England and Great Britain, Devon 1995, S. 99

[3] Georg Schnath, Geschichte Hannovers im Zeitalter der neunten Kur un der englischen Sukzession 1674-1714, Band IV, Hildesheim 1982 (Nachdruck Hannover 1999), S. 8

[4] a.a.O., S. 8

[5] a.a.O., S. 8

[6] Journal of Garden History, The Anglo-Dutch Garden in the Age of William and Mary, 8. Jahrgang, Nr. 2 & 3, April-September 1988, London 1988, S. 146

[7] Schnath, S. 27

[8] Eugen Schöler, Caroline, die englische Königin aus Franken, Sonderdruck Nr. 3 des Vereins der Freunde Triesdorf und Umgebung, Triesdorf 1988, S. 4

[9] a.a.O., S. 4

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